Weiter geht es mit den Italo-Krachern. Diesmal ist es zwar kein Kriegsfilm, dafür aber ein Poliziescho von Umberto Lenzi aus den Siebzigern. In diesem ganz speziellen Genre geht es hart zur Sache und Milano odia: la polizia non può sparare gilt als einer der härtesten Vertreter dieser Filmrichtung. Der deutsche Titel wurde wieder mal sehr unglücklich gewählt, denn eigentlich müsste es heißen Mailand hasst: die Polizei darf nicht schießen. Vielleicht klang dies den Übersetzern zu plump, doch eigentlich umschreibt der Titel recht gut, um was es hier geht.
Im hoch industrialisierten, norditalienischen Mailand herrscht nämlich tagtäglich nur etwas vor: die Gewalt. Ein Kleinkrimineller namens Giulio Sacchi (Thomas Milian) macht da keine Ausnahme. Er ist arbeitslos und hat kein Geld, aber so richtig motiviert für einen Hungerlohn zu schuften, ist er dann auch nicht. Da dreht er lieber ein paar krumme Dinger mit seinen Kumpels Vittorio (Gino Santercole) und dem jungen Carmine (Ray Lovelock). Giulio entpuppt sich schnell als Hitzkopf und Sadist. Er schreckt nicht dafür zurück, Menschen zu töten, vor allem nicht wenn sie blaue Uniformen tragen. Der Bezirk, in dem er agiert, wird allerdings vom Boss Ugo Maione (Luciano Catenacci) kontrolliert. Wer also etwas verdienen will, hat gefälligst einen Anteil davon an Maione zu zahlen.
Giulio ist es langsam leid, ein armer Schlucker zu sein, und hat es satt, miese Jobs für Maione zu erledigen, der keine Gelegenheit auslässt, um ihn darauf aufmerksam zu machen, dass Giulio Sacchi nur ein Verlierer und Feigling ist. Sacchi möchte endlich selber fett Kohle absahnen, aber wie soll er das nur angehen? Als er eines Tages seine Freundin Jone (Anita Stirnberg) von der Arbeit nach Hause begleitet, wird er auf die Tochter ihres reichen Chefs aufmerksam. Wie vom Blitz getroffen kommt ihm die „brillante“ Idee, Mary Lou Perino (Laura Belli), so ihr Name, zu entführen und von Perino Senior (Guido Alberti) ein Lösegeld zu erpressen. Er braucht dazu lediglich zwei Idioten, die dumm genug sind um mitzumachen, und die hat er mit Carmine und Vittorio schnell gefunden.
Die Entführung selbst ist dann schnell geplant, doch die Ausführung läuft dann allerdings schief und es kommt zu einem Blutbad, in dem drei Männer, zwei Frauen und ein Kind erschossen werden. Dies ruft den Kommissar Walter Grandi (Henry Silva) auf den Plan. Die Polizei ist heillos überfordert, denn die Stadt scheint ein Hexenkessel zu sein und das Verbrechen unmöglich zu bändigen. Obwohl es Giulio und seiner Truppe schlussendlich doch gelungen ist, Mary Lou zu entführen, hinterlassen sie ständig neue Spuren.
Obwohl der Film mit 95 Minuten Laufzeit relativ kurz ist, erscheint mir meine eigene Zusammenfassung als ungenügend. Der Streifen bietet sehr viel mehr, als auf den ersten Blick zu erahnen ist. Alleine die erdrückende Atmosphäre, die erzeugt wird, ist eine Sichtung dieses Klassikers wert. Wer schon mal in Mailand war, fühlt sich hier sofort wieder in dieser grauenhaften Stadt. Weit weg vom prächtigen Dom oder von der Scala tummeln sich zwielichtige Gestalten, die Armut ist kaum zu übersehen und die braunen und grauen Zementblöcke geben einem das Gefühl, als würde man ersticken.
Genau dies fängt der Regisseur auf grandiose Art und Weise ein und sein Hauptcharakter verkörpert eben diese Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung einer Schicht ohne Perspektive und Zukunft. Zwar sind seitdem rund 40 Jahre ins Land gezogen, doch wie schon erwähnt: wer Mailand gesehen hat und nicht nur den feinen Klängen der Oper lauschte, versteht warum man hier auch von Neorealismus spricht.
Die Musik von Ennio Morricone beschränkt sich auf nur fast ein Theme, doch dieses passt wie die Faust aufs Auge. Die Performance von Thomas Milian, den ich auch in Lasst uns töten Compañeros genial fand, ist phänomenal. Sein ständiges, nervöses Kaugummikauen, seine gesamte Mimik und Gestik ist brillant und obwohl er ein brutaler Killer, Vergewaltiger und Dieb ist, glaubt der Zuschauer zu verstehen warum er dies alles macht. Nicht wenig oft werden Fragen in den Raum geworfen, bei denen es schlussendlich nur um eines geht: Regiert tatsächlich Geld die Welt? Und falls ja, handelt dann Sacchi nicht logisch?
OT: „Milano odia: la polizia non può sparare“
IT: „Almost Human“
Land: Italien
Jahr: 1974
Regie: Umberto Lenzi
Drehbuch: Ernesto Gastaldi
Musik: Ennio Morricone
Kamera: Federico Zanni
Besetzung: Henry Silva, Tomas Milian, Anita Strindberg, Laura Belli, Ray Lovelock
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