(„Biyeolhan geori“ directed by Ha Yu, 2006)
Dass koreanisches Kino toll sein kann weiß mittlerweile jeder. Dass die Kollegen aus den fernöstlichen Ländern nicht vor Gewaltexzessen zurückschrecken wohl auch und dennoch scheint dieser Film von Ha Yu im Meer der Asia-Flut untergegangen zu sein.
Ich selbst bin auch nur per Zufall drauf aufmerksam geworden – das Cover der DVD zog mich irgendwie magisch an – und siehe da eine kleine Überraschung: Die ca. 140 Minuten Laufzeit entpuppten sich nämlich sehr schnell als äußerst interessant. Das Gangster-Genre wurde zwar zigmal durchgekaut, egal ob „Eastern“ oder „Western“, aber trotzdem beeindruckte mich die Art und Weise wie hier gearbeitet wurde.
Der Plot, der sich in Südkoreas Hauptstadt Seoul abspielt, erzählt von Kim Byung-doo (In-seong Jo) einem mittelmäßigen Gangster der langsam aber sicher die 30 zugeht. Er hat es bisher nicht allzu weit gebracht und dies gibt ihm auch sein Boss Sang-chul (Yoon Jae-Moon) zu verstehen. Er ist der Meinung, dass Kim Byung-doo endlich mal die Initiative ergreifen sollte um auf der Karriereleiter des organisierten Verbrechens nach oben zu gelangen. Der Alltag von Byung-doo ergibt sich nämlich aus irgendwelchen Prügeleien mit feindlichen Gangs und dem Abendessen und Wunden verbinden mit seiner sechsköpfigen Truppe.
Als jedoch eines Tages der Boss der Bosse, Hwang (Ho-jin Chun) seinen beiden Lakaien Sang-chul und Byung-doo davon erzählt wie nervig der Staatsanwalt sei, beschließt letzterer einen gewagten Coup zu versuchen: mit seiner Bande will er den Mann umbringen um sich somit Mafiaboss Hwang dienlich zu zeigen und womöglich die längst überfällige Anerkennung zu erhalten.
Parallel zu seinen Mordplänen tritt allerdings ein alter Freund von Byung-doo in dessen Leben: der ehemalige Schulkamerad Min-ho (Min Nam-koong), der davon träumt ein berühmter Regisseur zu werden, schreibt gerade an einem Drehbuch. Er möchte ein Gangsterepos auf die große Leinwand bringen, scheitert aber ständig daran, weil seine Story anscheinend zu unrealistisch und langweilig ist. Als er nun von Byung-doo erfährt, dass dieser direkt an der Quelle sitzt, versucht er so viel wie möglich über die Organisation in Erfahrung zu bringen und in sein Script einzubringen. Min-hu überredet Byung-doo eines Abends auf eine Art Klassentreffen mitzugehen wo er auf seine Jugendliebe Hyun-ju (Bo-young Lee) trifft. Auch sie soll in naher Zukunft eine wichtige Rolle in seinem Leben spielen doch erstmal will er hart arbeiten um an mehr Geld zu kommen.
Er führt also seinen skrupellosen Plan aus und erledigt den Staatsanwalt auf offener Straße. Da sein direkter Vorgesetzter Sang-chul davon Wind bekommt und der dadurch seinen eigenen Rang in Gefahr sieht (denn laut Hierarchie wäre es sein Job gewesen, den Anwalt zu beseitigen), beschließt Byung-doo ihm zuvorzukommen und auch ihn aus dem Weg zu räumen. Hwang zeigt sich mehr als erfreut über die Nachrichten und macht Byung-doo quasi zu seiner rechten Hand.
Es scheint also alles gut zu laufen für ihn, doch als Min-hu seinen Blockbuster veröffentlicht und sich Byung-doo im Film selbst wiedererkennt, sieht er sich bereits im Fadenkreuz der Behörden. Auch die zierliche Hyun-ju scheint mehr Angst vor ihm zu haben als ihm Recht ist, denn er schafft es einfach nicht seine brutale Umgangsweise abzulegen obwohl er sie im Grunde ja nur beschützen möchte.
Die Spirale der Gewalt dreht sich also unaufhörlich weiter, denn nun ist es der Unterboss von Byung-doo selbst der durch den angeschlagenen Byung-doo die Chance zur Beförderung wittert…
Beeindruckt von den einfachen, aber effektiven Darstellungen der Schauspieler und den tollen, wenn auch recht kühlen und trockenen Bildern, kann ich diesen Film als Geheimtipp weiterempfehlen. Vor allem der extreme Kontrast zu einer mir ansonsten als sehr lebhaften und bunten bekannten Metropole hat einen gewissen Reiz. Der Film konzentriert sich nicht auf große und erfolgreiche Unternehmen oder etwa erstaunliche und glorreiche Bauten, sondern betrachtet lieber die Kehrseite der Medaille. Da wird ein heruntergekommenes Stadtviertel gezeigt, das aufgrund mafiöser Interessen dem Erdboden gleichgemacht werden soll, nur um eben besagte Gebäude hinzupflanzen. Da werden Menschen gezeigt die nicht lächelnd den neuesten Hi-Tech-Kram benutzen sondern sich um eine Unterkunft und warmes Essen die Bäuche aufschlitzen.
Der Regisseur spielt übrigens auch mit Min-hu’s Film im Film. Als die Gangster mit am Set sind möchte Byung-doo, dass der Regisseur ihm verspricht „ihre Welt“ realistisch auf die Leinwand zu bringen. Er kritisiert beispielsweise die perfekt durchchoreographierte Kampfszene, die im Real-Life nie und nimmer so spektakulär sondern vielmehr grausam und roh stattfinden würde.
Zwar kommt Ha Yu selbst auch nicht ganz ohne übertrieben Actionszenen aus, aber sein Film ist durchaus glaubwürdig und genau das finde ich, ist seine Stärke. Am besten aber gilt wie immer selbst anschauen und dann entscheiden.
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