(„Quien Sabe?“ directed by Damiano Damiani, 1966)
„Töte Amigo“ ist der erste von zwei Genrefilmen des Politthriller erprobten Regisseurs Damiano Damiani und gehört zum Genre der Revolutionswestern, wie auch „Il Mercenario“ von dem in meiner vorherigen Rezension erwähnten Genremeister Sergio Corbucci. „Quien Sabe?“ ist ein Meilen-und der Grundstein des Genres, der sich auch mit den ganz großen Italowestern messen kann, sie teilweise sogar überflügelt.
Zur Handlung: Bill Tate (Lou Castel) ist ein amerikanischer Kopfgeldjäger, der den Auftrag annimmt, den mexikanischen Revolutionsgeneral Elias für die Regierung Mexikos zu töten. Dazu muss er sich in die Bande von El Chuncho (Gian Maria Volonte) einschleusen, der gemeinsam mit seinem Halbbruder El Santo (Klaus Kinski) Züge und Stützpunkte der Armee ausräumt, um an die Waffen für die Revolution zu kommen.
„Quien Sabe?“ ist der Beginn des Zapata Western in dessen Zuge auch solche Meisterwerke wie „Lasst uns töten, Companeros“ entstanden und das ist die größte Leistung, die dieser Film vorweisen kann. Er kann sich jedoch ohne Mühe neben diese Meisterwerke des Italowestern einreihen, denn dank einer – wie so oft im italienischen Kino der 60er – wunderbaren Kamera, die von Toni Secchi geführt wurde, fängt dieser Film die südspanische Landschaft sehr schön ein.
Der Film ist, wie man vielleicht schon bemerkt hat, sehr gut besetzt. Mir gefällt Lou Castel als zynischer „Gringo“ ein Standard im Revolutionswestern, ich mag auch Gian Maria Volonte sehr gern, der hier neben Sollimas „Von Angesicht zu Angesicht“ und den beiden ersten Western von Leones „Dollar Trilogie“ in seiner einzigen Westernrolle zu sehen ist. Klaus Kinski wirkt als Wanderprediger nicht schlecht, aber seine Darstellung ist zuweilen einfach sehr übertrieben, was sie etwas lächerlich wirken lässt. Das ist nicht auf alle Rollen Kinskis zu beziehen, denn eigentlich ist er ein ausgezeichneter Schauspieler. Das Drehbuch scheint dazu zu neigen, dass was seine Darstellungen ausmacht zu überziehen. Man verstand „Töte Amigo“ zu seiner Entstehungszeit als politischen Film, der besonders den Vietnam Krieg anprangerte. Ich selbst muss sagen, dass ich von Gesellschaftskritiken in Unterhltungsfilmen nichts halte, aber dennoch muss man Damianis Streifen zugestehen, dass er seine Sache, was den sozialkritischen Aspekt angeht sehr gut macht. Politische Sprengkraft kann man einem Western mit gesundem Verstand natürlich nur schwer zugestehen, aber „Quien Sabe?“ macht durch seine Rollenverteilung (Volonte= mexikanischer Revolutionär, Castel= zynischer, zuweilen sich an der Not anderer bereichernder Gringo) zumindest schon einmal deutlich, wie man sich das Verhältnis zwischen Industrieländern und Staaten der dritten Welt vorstellen muss. In diesem Kontext erlebt der Zuschauer ein merkwürdiges Ende, was darauf hinausdeutet, dass diese armen Staaten die Industrienationen nicht brauchen, oder zumindest nicht so, wie diese gerne gebraucht werden würden. Wie die meisten Filme seiner Gattung ist auch in diesem Revolutionswestern das Augenmerk ganz auf den mexikanischen Bauern gerichtet und die interessante Geschichte wird somit recht einseitig erzählt, zumindest, wenn man sich für die „politische Botschaft“ Damianis interessiert. Anderenfalls wird man von diesem Film begeistert sein, da der Regisseur, der auch für Sergio Leone „Un Genio Due Compari, Un Pollo“ abdrehte, sein Handwerk absolut versteht. Man muss ihm bescheinigen, dass er den Western mit „Töte Amigo“ tatsächlich unheimlich erweitert hat, aber ich denke, was ihm wirklich an diesem Film gelegen hat ist nicht wirklich aufgegangen.
Wie in der Einleitung bereits erwähnt ist Damiani ein Regisseur der sich häufig in seinen Film mit der Politik auseinandersetzte. Unter anderem drehte er auch den Thriller „Perche Si Uccide Un Magistrato“ (übersetzt auf deutsch: „Warum man einen Richter/Amtsträger tötet“). Wirklich schön an diesem Film ist dann aber wieder der Score, für den sich Louis Enriquez Bacalov verantwortlich zeichnet, der auch für den prägenden Sergio Corbucci-Western „Django“ die Musik komponierte. Hier vermischt er die gewöhnlichen Klänge des Italowestern mit mexikanischer Folklore und das Ergebnis trifft den Film voll und ganz.
In Deutschland lief der Film nur gekürzt und konnte auch auf DVD bis vor kurzem nicht erworben werden. Seltsamerweise hatte man in der deuutschen Kinofassung nicht die – durchaus vorhandene – Gewalt herausgeschnitten, sondern scheinbar nur die Szenen, die man für politisch aggressiv hielt. Das läuft meiner These, dass Unterhaltungsfilme schwer eine politische Botschaft herausfördern können natürlich zuwider. Auf DVD erschien der Film nun ungeschnitten bei Koch Media, die auch ein Interview mit Damiani und Castel geführt hatten. Hier behauptet Damiani übrigens, dass es sich bei „Töte Amigo“ gar nicht um einen Western handele. Falls das stimmt, könnte seine politische Botschaft bei dem ein oder anderen Zuschauer durchaus ankommen. Natürlich hat der Film eine Botschaft um das einmal klar zu stellen, aber sie beruht für meine Begriffe nur auf dem damals recht üblichem Schwarz/Weiß-Denken der Zuschauer, die viel zu sehr Sympatie für eine Figur entdecken, als dass man diese irgendwie realistisch sehen könnte. Dennoch ist dem Regisseur ein hervorragender sehr unterhaltsamer Film gelungen, der vor allem durch seine Darsteller besticht, der jedoch auch durch den Score, seine Fotographie und die Regie gefällt. Kurzum, „Quien Sabe?“ ist ein Film der sich tatsächlich lohnt. Hätte Damiani sich allerdings ausschließlich auf den politischen Aspekt seines Films verlassen und die Story vernachlässigt, dann wäre der Streifen ein sehr langweiliger Genrevertreter geworden.
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