Vicky Cristina Barcelona

Vicky Cristina Barcelona

tr(„Vicky Cristina Barcelona“ directed by Woody Allen, 2008)

Die Suche nach dem Sinn des Lebens lässt sich in die unterschiedlichsten Bereiche auffächern. Aber selten gelingt diese Auseinandersetzung so unprätentiös und charmant wie bei Woody Allen. Mit Vicky Cristina Barcelona widmet er sich erneut der Liebe und herausgekommen ist ein leichter und liebevoller Bilderbogen, der sich den Möglichkeiten und Unmöglichkeiten dieses großen kleinen Themas annimmt. Der Film mutet ein wenig wie ein Roadmovie an, hier die Abreise, dort die Ankunft. Dazwischen die Wege, die man zur Erfüllung seiner Wünsche beschreitet, und am Ende gelangt doch nicht jeder an das Ziel, das er angestrebt hat.

Die zwei amerikanischen Freundinnen Cristina und Vicky unternehmen zusammen, jedoch aus verschiedenen Gründen, eine Reise nach Spanien. Während erstere kurz vor ihrer Hochzeit steht, vorher jedoch noch ihre Studien vorantreiben will, ist Vicky vielmehr von Unternehmungslust und ihrem hungrigen Herzen geleitet. Schon schnell werden die beiden jungen Damen von einem spanischen Maler namens Juan Antonio angesprochen, der den beiden recht unverblümt Avancen macht und ihnen Aussicht auf eine Nacht zu Dritt verspricht. Cristina zeigt sich wenig begeistert von dem Charmeur, doch Vicky beeindruckt die Abneigung ihrer Freundin wenig und kurz darauf steht ein Zusammentreffen fest. Leider verläuft der Abend nicht nach Plan, der Alkohol fordert seinen Tribut und die entflammte Vicky muss für einige Zeit das Bett hüten. Somit kann sich Juan Antonio vermehrt um die skeptische und zunächst noch abweisende Cristina kümmern. Nach und nach öffnet diese sich nun dem Künstler und zieht nicht nur in dessen Herzen ein. Kompliziert wird es, als plötzlich die hilfsbedürftige Ex-Frau an der Türe steht und keine Anstalten macht, das Haus wieder zu verlassen. Einer ménage à trois stünde nichts mehr im Wege, wäre da nicht noch Cristinas zukünftiger Ehemann, der auf ein Treffen zwecks Hochzeitsvorbereitungen pocht. Und Vicky erkennt rasch die Chance auf die Heilung ihres gebrochenen Herzens.

Vicky Cristina Barcelona ist nach London (Match Point) die nächste Station in Woody Allens filmischer Reise. Und auch das gezeigte Spanien hat nicht viel mit der Realität zu schaffen und bedient sich spitzbübisch aller Klischees, ohne dass der Film jedoch zu einem solchen verkommt. Spanien ist bunt und voller rühriger Gitarrenklänge. Die Amerikaner sind verkopft, die Spanier lebenslustig und spontan. Und weil eine Off-Stimme im Film recht verpönt ist, immerhin soll das Werk ohne weitere Erklärungen für sich selber sprechen, setzt Allen einen auktorialen Erzähler ein, der den Rezipienten bis zum Ende wie ein Reiseführer brav begleitet. Neben Muse Scarlett Johansson und Penélope Cruz lässt der Spanier Javier Bardem die Leinwand erstrahlen. Nach seinem furiosen und mit dem Oscar belohnten Auftritt als debiler Killer mit Gedenkfrisur in No Country For Old Men dürfte er nun als sympathischer Bohème überraschen, der sich gleich zu drei Frauen hingezogen fühlt. Die Darstellung dieser Mehrfachbeziehung hätte leicht in eine Altherrenfantasie abgleiten können, doch Woody Allen beweist ein sicheres Händchen und das Geschehen entbehrt jeglichem Voyeurismus und verzichtet völlig auf den moralinsauren Zeigefinger. Tatsächlich steckt der Film voller Liebe zu seinen Protagonisten, man leidet und freut sich mit ihnen. Und wenn man über sie lacht, dann dürfte dies bei den meisten Menschen ein recht selbstreflektierendes Lachen sein.

Eine kleine Warnung sei jedoch noch angebracht. Wenn sich der Schriftsteller im Film weigert, seine Werke übersetzen zu lassen, dann mit Fug und Recht, denn auch im Falle von VCB zerstört die Synchro immens die Atmosphäre und den Charme des Gesamtbildes. So sei hiermit ausdrücklich die Originalfassung empfohlen, soweit diese denn angeboten wird.



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8
von 10