(„Yankee“, directed by Tinto Brass, 1965)
Der Film
1965 produziert, steht „Yankee“, der einzige Italowestern des späteren Nackedei Regisseurs Tinto Brass noch sehr zu Beginn der Phase der Italowestern, die man zwischen 1964 und 1977 eingrenzen kann. Der 1933 geborene Schmuddelregisseur, der sich auch für Streifen wie „Calligula“ verantwortlich zeichnet, setzte seinen Genrevertreter ausgezeichnet in Szene. Hätte man ihm alle Entscheidungen überlassen, wäre sein Film vermutlich der innovativste Western aller Zeiten geworden, doch auch so ist „Yankee“ einer der interessantesten Filme im Genre. Die Geschichte lässt sich in zwei Sätzen wiedergeben: Ein Gringo (Philippe Leroy), der von allen nur „Yankee“ genannt wird, reitet in ein Dorf an der mexikanischen Grenze, dass von einem Banditen, dem „großen Concho“ (Adolfo Celi) terrorisiert wird. Der Gringo bietet dem steckbrieflich Gesuchten Gauner seine Hilfe an, die von diesem aber abgelehnt wird. Nun will sich der Gringo an ihm rächen und das Kopfgeld kassieren. (Verzeihung, es sind doch drei Sätze geworden…)
Was „Yankee“ zu einem interessanten Western macht…
Was nach dem banalsten Western-Thema klingt, wird durch die Regie hervorragend umgesetzt, denn Brass macht diese simple Story um einen Kopfgeldjäger zu einem höchst innovativen Streifen, der durch einen exzellenten, suggestiven Score des hervorragenden Trompeters Nini Rosso getragen wird. Was die Geschichte angeht, hätte Brass ruhig etwas mehr bringen können, denn selbst im frühen Stadium des Italowestern war die Rache schon das Hauptmotiv des Genres. Letztendlich ist es auch die banale Geschichte die den normalen Western Fan von diesem Werk abschrecken wird, zumindest wenn man nicht auch an Kamerafahrten, verschiedenen Perspektiven etc. interessiert ist. Diese werden allerdings von Brass und seinem Kameramann Alfio Contini voll ausgenutzt und gerade das (fast) Schlussduell zwischen Yankee und Conchos Bande ist eines der bestgefilmten (besser gesagt innovativ gefilmtesten) im ganzen Genre, das sehr viele gute Kameraarbeiten vorweisen kann. Hätte man Brass alle seine Ideen umsetzen lassen, so wäre sein einziger Genrebeitrag wohl trotz der lahmen Story einer der besten Vertreter seiner Gattung geworden. Unter anderem plante der Regisseur, jede der Figuren mit einem speziellen Merkmal zu bezeichnen (tief hängender Colt etc.). Letztlich ist von dieser Idee immer noch viel im Film zu sehen: So tragen Yankee und Concho übergroße Hüte, was zuweilen ein wenig lächerlich wirkt. Auch eins der Merkmale ist erhalten geblieben, so sieht man bei Rosita (Mirella Martin) zunächst nur die Füße. Auch mit Gewalt wird in dem Film nicht gegeizt, so schießt Concho seiner Frau (eben Rosita) listig in den Rücken. Die Leistungen der Schauspieler sind durchweg solide und glaubwürdig besetzt: Adolfo Celi spielt seinen Concho mit überzeugender Darstellerkraft und Philippe Leroy gefällt in seinem Westerndebut als wortkarger Kopfgeldjäger.
Nicht für jeden empfehlenswert…
Wie bereits angesprochen ist „Yankee“ nicht unbedingt der massentauglichste Film, was nicht nur auf die Schwächen des Films (Handlung), sondern vielleicht gerade auf seine Stärken zurückzuführen ist. ( Kamera, Regie, Musik…). Der Film ist so außergewöhnlich inszeniert, dass er Westernfans abschrecken könnte. Für einen wahren Cineasten ist „Yankee“ jedoch ein visuell großes Werk. Zu erwähnen ist außerdem, dass eine Szene dieses Films die „Häng Sequenz“ aus Sergio Leones „C‘ era una volta il West“ inspirierte. Ein Cineast wird mit diesem Werk seine Freude haben, Western Fans rate ich jedoch zu den beiden anderen, von mir besprochenen Western, Sergio Sollimas „Der Gehetzte der Sierra Madre“ oder Damiano Damianis Politparabel „Töte Amigo„ .
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