Fahrt zur Hölle, ihr Halunken

Fahrt zur Hölle, ihr Halunken

(„Gli specialisti“ directed by Sergio Corbucci, 1969)

Fahrt zur Hölle, ihr HalunkenWenn ich die Gegenden von Cortina d’Ampezzo nicht selbst kennen würde, hielte ich die Aufnahmen die Sergio Corbucci damals für „Gli Specialisti“ gemacht hat (fast) für surreal. Tolle grüne Almen gepaart mit schneebedeckten Bergspitzen und dazu das kalkhaltige Dolomitenmassiv. Die insgesamt 104 Minuten Laufzeit bieten davon jede Menge auch wenn der Film selbst nur mittelmäßig ist.
Die Story bearbeitet dabei einmal mehr das Rachemotiv. Der einsame Held Hud, gespielt von einem sehr schwachen Johnny Hallyday, ist auf dem Weg nach Blackstone City um den Tod seines Bruders zu vergelten. Dieser wurde beschuldigt die hiesige Bank von Geschäftsführerin Virginia Pollywood (Françoise Fabian) ausgeraubt zu haben und wurde deshalb von der Bevölkerung der Kleinstadt gelyncht. Hud glaub an einen Hinterhalt denn 1. wurde die Beute nie gefunden und 2. weiß er in seinem tiefsten Inneren dass es unmöglich sein Bruderherz gewesen sein kann. Um also den wahren Schurken auf die Spur kommen, verbündet er sich mit den mexikanischen Banditen El Diablo (Mario Adorf) der darauf hofft das verschollen Geld in die Griffel zu bekommen. Die beiden haben allerdings nicht mit dem lokalen Sheriff (Gastone Moschin) gerechnet, der nach diesem unrühmlichen Vorfall für Recht und Ordnung in seiner Stadt sorgen will. Im Prinzip ist auch der Ordnungshüter einer der „Guten“ und ist genauso interessiert den Fall aufzuklären wie Hud, doch er will das Ganze ohne Blutvergießen regeln. Nun, wer Corbuccis Werke kennt, weiß bestimmt das dies leider nicht möglich sein wird, jedenfalls nicht im kühlen und düsteren Wilden Westen des Italieners.
Die Performance von Mario Adorf kommt zwar nicht ganz an jener von „Milano Kaliber 9“ heran ist aber eigentlich der Höhepunkt, denn der Hauptdarsteller enttäuscht leider hier auf ganzer Linie. Hallyday schafft es einfach nicht einen weiteren tollen Revolverhelden in die Geschichte des Spaghetti-Westerns zu meißeln sondern verkommt zu einem lächerlichen Spitzbuben dessen Liebesbeziehung zu Sheela, verkörpert durch Sylvie Fennec, eher wie die von einem Pubertierenden wirkt als die eines abgebrühten Outlaws. Positiv hingegen das Schauspiel von Gastone Moschin der es später sogar schaffen wird eine Rolle in Francis Ford Coppolas zweiten Teil der „Godfather-Trilogie“ zu erhalten, zu Recht wie ich finde.
Das Kuriosum schlechthin ist aber wohl die im Streifen vorkommende Hippie-Gruppe die die schöne Sheela dazu bringen wollen einen fetten Joint zu rauchen und anschließend mit ihnen Gruppensex praktizieren soll. Die Viererbande wird es sogar schaffen für kurze Zeit die Autorität in Blackstone zu sein, die Szene die ich persönlich sehr zum schmunzeln fand, sollte sich aber jeder selbst anschauen.
Auch hier versucht Corbucci wiederum sozialkritische Themen einzustreuen. So wird Hud das Geld – das er natürlich wiederfinden wird – in Brand stecken, ganz zum Entsetzen der spießigen Einwohner denen das Töten eines Unschuldigen nicht sonderlich berührt dafür aber auf die Barrikaden gehen wenn ihre Ersparnisse verbrannt werden. Wie eigentlich immer ist die Kritik aber zu schwach und auch unpassend für den ansonsten doch sehr realitätsfernen Italo-Western.
Kurzweilige Unterhaltung mit super Aufnahmen, mittelmäßiger Musik von Angelo Francesco Lavagnino ist garantiert. An die anderen Größen des Regisseurs wie „Django„, „Il grande Silenzio„, „Navajo Joe“ oder „Vamos a matar, compañeros!“ reicht der Flick aber bei weitem nicht heran.
Zu beachten ist übrigens noch dass ich die italienisch Originalfassung gesehen habe. Ich kann also leider kein Statement zum deutschen Release und dessen Qualität geben. Für DVD-Interessenten würde ich daher einen Blick auf diesen Schnittbericht werfen.



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