(„L’Instinct de mort“ directed by Jean-François Richet, 2008)
Ich mag Vincent Cassel und ich mag generell das französische Kino. Was konnte mir also besseres passieren als ein toller, zweiteiliger Film über Verbrecherlegende Jacques Mesrine gespielt von besagten Cassel?
Die erst neulich gelesenen Reviews einiger Blogger-Kollegen und dessen Lob bestärkten also nur mein Vorhaben den ersten Teil von Jean-François Richets Streifen zu sehen und auch ich wurde nicht enttäuscht. Das ca. 110 Minuten lange Spektakel fesselt vor allem durch Spannung und durch einen Vincent Cassel in Bestform.
Basierend auf Mesrines Autobiographie versucht der Regisseur dieses Stück französische Geschichte auf die Leinwand zu transportieren. Ich habe mich weder im Vorfeld noch sonst jemals näher mit der Materie befasst kann also auch nicht nicht wirklich sagen ob es denn Richet nun wirklich gelungen ist oder nicht. Aus meiner natürlich ganz subjektiven Sicht darf ich aber dennoch behaupten, dass die Charaktere glaubhaft wirken und hier geschickt Unterhaltung mit Tatsachen vermischt wurden. Man verfolgt im ersten Teil den Werdegang von Mesrine zum ennemi public n° 1, zum Staatsfeind Nr.1 von Frankreich. So wird anfangs darauf hingewiesen dass der spätere Gauner und Verbrecher im glanzlosen Algerien-Krieg diente und bereits dort mit ruchloser Gewalt konfrontiert war. Keineswegs wird fortan dieser Umstand jedoch als Ausrede oder gar Legimitation für Mesrines weiteres handeln benutzt.
Zurück in Frankreich verschafft ihm sein Vater (Michel Duchaussoy) zwar einen Job, doch ein Freund, Paul (Gilles Lellouche), entführt ihn sehr bald in eine andere Welt. Eine Welt in der man nicht 8 Stunden oder mehr schuften muss um über die Runden zu kommen, eine Welt wo auch der kleine Mann endlich das bekommt was ihm eigentlich zusteht. Von diesem Zeitpunkt verdient er seinen Unterhalt indem er reiche Leute oder Banken ausraubt. Dies alles geschieht unter dem schützenden Arm der OAS und seinem neuen Boss Guido (Gérard Depardieu). Sein Leben scheint sich endlich zum Besseren zu wandeln. Er verliebt sich auf seiner Spanien-Reise in die bildhübsche Sofia (Elena Anaya), heiratet sogar und setzt zwei Kinder in die Welt. Als es schließlich kommt wie es kommen muss und er verhaftet wird, beginnt eine harte Zeit und seine Ehe wird auf die Probe gestellt. Diese neue Situation ist es die ihn nach der Entlassung veranlasst seine kriminelle Karriere auf den Nagel zu hängen. Der Versuch sich in die Gesellschaft zu reintegrieren scheitert aber als er von seinem neuen Arbeitgeber aus Kostengründen entlassen wird. Für Mesrine scheint ein normales Leben zu sehr wie ein Käfig zu sein, Bürokratie, Verwaltung und Staatswesen spielen dabei die Peiniger.
Als er schließlich wieder mit Paul und Guido um die Blocks zieht geht seine Ehe endgültig in die Brüche. Sofia kehrt nach Spanien zurück, die Kinder bleiben jedoch in seiner Obhut. Auch die Unterwelt scheint sich in seiner Abwesenheit gewandelt zu haben und er lebt immerzu gefährlicher. Schließlich lernt er seine neue Liebe und fortan Verbrechenspartnerin Jeanne Schneider (Cécile De France) kennen mit der er später die Pariser Unterwelt verlassen und nach Kanada flüchten wird. Der Versuch ihre „Bonny & Clyde“-Beziehung zu quittieren und der erneute Anlauf Mesrines sich als braves Schäfchen in die Masse zu integrieren schlagen abermals fehl. Sie lernen Jean-Paul Mercier (Roy Dupuis) kennen der ein Mitglied der FLQ ist. Ihr gemeinsames Unternehmen dauert allerdings nicht lange denn sie werden von den Behörden verhaftet und in ein Hochsicherheitsgefängnis gebracht. Zwar können sie durch eine waghalsige wie spektakuläre Flucht entkommen, allzu viel erfährt man im ersten Teil dieser Biographie aber nicht mehr.
Wenn man also als Zuschauer die Jahre 1959-1972 mitverfolgt (der zweite Teil wird 1972-1979 beleuchten) bleibt keine Zeit für Langeweile. Gekonnt wird zwischen Action und Dialog gewechselt auch ruhigere oder gar wortkarge Szenen fehlen nicht. Ständig ist der Soundtrack von Marcus Trumpp präsent der mir aber ehrlich gesagt oft zu dramatisch daher kam. Der Charakter Mesrine wird sehr gut ausgeleuchtet doch es wird verzichtet ihn zum sympathischen Antihelden hochzustilisieren. Es findet keine Romantisierung des Gangsterdaseins statt und ich konnte nicht wirklich einen Robin Hood erkennen wie ich irgendwo lesen durfte. Dazu werden auch genügend andere Szenen geliefert die einen Mesrine zeigen der Frauen schlägt oder rassistische Witze klopft. Er mag zwar ein anarchistische Tendenz aufwiesen doch als politisch interessierten und engagierten Menschen würde ich Mesrine – oder zumindest den Charakter den Jean-François Richet erschaffen hat – nicht bezeichnen. Dies zeigt nicht zuletzt der Kontrast zwischen OAS und FLQ dessen gemeinsamer Nenner wohl nur die Radikalität sein dürfte. Mesrine wirkt wie ein verwirrter, enttäuschter und desillusionierter Mann aus der Pariser Mittelschicht, weniger wie ein Intellektueller, ein Revolutionär oder gar Idealist, der ein bestimmtes Ziel verfolgt.
Der Streifen wurde meiner Meinung nach also zu Recht gelobt und man darf beruhigt einen Blick riskieren. Alles andere wäre ein Fehler.
Das europäische Kino kann also noch und wie! Ich freu mich schon auf den bald anlaufenden zweiten Teil.
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