Von Angesicht zu Angesicht

Von Angesicht zu Angesicht

(„Faccia a faccia“ directed by Sergio Sollima, 1967)

Von Angesicht zu AngesichtDer zweite Western von Sergio Sollima nach seinem Debut „La resa dei conti“ (den ich selbst bisher noch leider nicht gesichtet habe). Widerum ein Film der mit seinen ca. 110 Minuten Laufzeit für tolle Unterhaltung sorgte, wobei ich gleich von vornherein gesagt haben möchte dass ich Tomas Milian hier für fehlbesetzt halte.
Der Kubaner spielte diesmal den Banditen Solomon Bennet genannt Beauregard oder einfach nur „Bo“. Das Publikum macht allerdings zuvor die Bekanntschaft von Universitäts-Professor Brett Flechter (Gian Maria Volontè). Der Intellektuelle Nordstaatler hat sich nach Texas zurückgezogen wo er das mildere Klima nutzen möchte um seine Lebenserwartung zu steigern. Der Gute ist nämlich todkrank und wird es nicht mehr lange packen. Wie es der Teufel will kommen in der abgelegenen Gegend eine Gruppe von Gesetzeshütern vorbei die im Schlepptau einen halb verdursteten Bennet. haben Es ist ihnen gelungen den gesuchten Verbrecher zu schnappen und wollen lediglich kurz Halt machen um etwas zu trinken. Als Bennet, der sich als Humanist versteht, gegen den Willen der Neuankömmlinge dem dehydrierten Beauregard einen Krug mit Wasser reicht gelingt es letzterem mit einem geschickten Trick einen Bewacher K.O. zu schlagen und gleichzeitig zu entwaffnen. Er nimmt sich kurzerhand den Professor zur Geisel und flüchtet mit dem Kutschenwagen, muss allerdings eine Schussverletzung in Kauf nehmen. Das monotone und langweilige Dasein von Flechter scheint nun etwas Pepp zu bekommen. Obwohl er den Dieb und Verbrecher Bennet zutiefst verachtet fühlt er sich verpflichtet den Verletzten dennoch zu helfen. Auch wenn es den weltfremden und ungeschickten Flechter nicht leicht fällt, schaffen sie es mir vereinten Kräften das Geschoss aus Bo’s rechte Seite zu entfernen. Als Bo dann endlich wieder fit ist denkt Flechter erst gar nicht daran getrennte Wege zu gehen. Zwar widert ihn der Outlaw und dessen Bestreben seine alten Bande wiederzufinden und reaktivieren an, doch gleichzeitig ist er fasziniert. Man glaubt erkennen zu können, dass der Professor interessiert ist das „Böse“ aus der Nähe zu studieren.
Aber wie auch immer, das ungleiche Duo erreicht schließlich das kleine Städtchen Purgatory City. Dort erhält Bennet sogleich einen Auftrag von Williams (Gianni Rizzo) was mit einem Massaker an den Sheriff (Federico Boido) samt Schergen endet. Bo schafft es anschließend seine alten Freunde (u.a. Aldo Sambrell, Ángel del Pozo, José Torres) zu finden und somit eine neue Bande zu formen. Dabei mischt sich ein dubioser Gast unter ihnen, Charley Siringo (William Berger). Siringo hatte schon zuvor einen (kläglich gescheiterten) Versuch gestartet Bennets Verbündeter zu werden, doch diesmal schafft es den in incognito arbeitende Pinkerton.
Der Kern bleibt aber die Beziehung und dessen Entwicklung zwischen Solomon Bennet und Brett Flatcher, der Rest ist lediglich Dekoration um den Film zu verschönern. Während nun der Uni-Professor mehr und mehr die Handlungsweise von Bo versteht und sich diese sogar selbst aneignet, scheint der Bandit sich seine Gedanken über die anfangs kritischen Worte von Fletcher zu machen. Es findet also eine Verwandlung der beiden Charaktere statt, die darin mündet dass Flechter sogar einen Banküberfall plant und durchführt während Bennet beim finalen Showdown mit seinen eigenen Regeln bricht.
Auch wenn dies Bewertungen aus Online-Portalen und anderswo gelesene Kritiken anders sehen finde ich „Corri uomo corri„, der nur ein Jahr später erscheinen wird, gelungener. Wie schon am Anfang der Rezension angemerkt fand ich den von mir sonst meistens gelobten Tomas Milian einfach fehlbesetzt. Keine Frage auch hier schafft Milian mit seinen genialen wie coolen Gesichtsausdrücken eine tolle Performance, der Charakter den Sollima erschaffen hat hätte ich aber lieber von einen eckigeren und roheren Darsteller gesehen. Milian wirkt mir da zu nett und sympathisch. Linda Veras, die im nächsten Streich von Sollima als Heilsarmistin eine wesentlich größerer Rolle als hier erhalten wird, ging leider total unter. Hervorragend fand ich William Berger der mir ähnlich wie im erst neulich gesehenen „Sabata“ von Gianfranco Parolini außerordentlich gut gefiel. Auch Gian Maria Volontè als fanatischer Professor hinterlässt einen sehr guten Eindruck. Sein Wandel vom humanistischen Idealisten aus einer vornehmen, nordamerikanischen Uni zu dem was er bis dato immer verachtete, einem Tier das nach Instinkten handelt und nur ans Überleben denkt, ist ein sehr interessantes und auch ernsthaftes Thema das ich so bisher nicht in einem Western gesehen habe. Aber auch wenn man diese offensichtliche Intention von Sollima weniger Beachtung schenkt taugt der Film für tolle Unterhaltung. Nicht zuletzt wegen der Score von Ennio Morricone, die ich zwar nicht unbedingt eine seiner besten nennen würde aber der maestro ist eben der maestro. 😉
Anzumerken ist noch dass ich die italienische Originalfassung gesehen habe. Meine Recherche ergab dass es in Deutschland lediglich eine Veröffentlichung von Koch Media gab, nämlich eine Sollima-Box mit allen drei Western des italienisches Regisseurs. Deshalb habe ich mich entschieden hier das originale Poster des Filmes zu posten. Zur Qualität der deutschen Synchronisation kann ich hierzu also auch nichts beitragen. Lobenswert fand ich dafür den deutschen Titel der endlich mal mit dem Originaltitel übereinstimmt.



(Anzeige)