Public Enemy No. 1 Todestrieb

Public Enemy No. 1 – Todestrieb

(„L’ennemi public n°1“ directed by Jean-François Richet, 2008)

Candide zum Kinobesuch

Public Enemy No. 1 - TodestriebEndlich komme ich dazu etwas zur Fortsetzung des sehr gelungenen Mordinstinkt des Franzosen Jean-François Richet zu schreiben. Es handelt sich dabei nicht direkt um ein Sequel sondern eigentlich um eine Verlängerung des ersten Teils. Einerseits wohl eine Entscheidung um die ansonsten insgesamt doch sehr lange Laufzeit zu umgehen andererseits war man aber wohl auch sicherlich nicht abgeneigt es zweimal an den Kinokassen klingeln zu lassen.
Zwar empfand ich Todestrieb nicht als Abzocke aber die Befürchtungen und die Warnungen der Kollegen trafen dann leider doch ein. Richet schafft es keineswegs den durchaus interessanten Charakter Jacques Mesrine (Vincent Cassel) zu vertiefen sondern ich hatte das Gefühl man huscht von einer Schießerei in die nächste.

Nachdem man also im ersten Teil vorrangig damit beschäftigt war Mesrines Umfeld und seinen Werdegang zum Staatsfeind Nr.1 zu zeichnen, stehen im abschließenden Teil vor allem seine Verhaftungen und weiteren (erfolgreichen) Fluchtversuche im Zentrum. Nur kurz flammen Szenen auf in denen man das Gefühl hat etwas mehr über diesen zugegebenermaßen, faszinierenden Gauner zu erfahren. Da gibt es beispielsweise ein Interview in dem Mesrine klar durchblicken lässt keinerlei politische Motivation zu verfolgen, ja sich erst gar nicht über diese „Vetternwirtschaft“ zu interessieren. Er sieht sich zwar als einen modernen Robin Hood der die reichen Banken bestiehlt, doch spätestens sein letzter Komplize Charly Bauer (Gérard Lanvin) macht ihm unmissverständlich klar, dass er als Bankräuber kein wirklicher Systemkritiker ist. Überhaupt scheint Mesrine eher davon besessen zu sein größtmöglich in den Medien präsent zu sein. Herrlich hierbei die Gefängnisszene wo er sich darüber empört, dass der Staatsstreich in Chile die Titelseite erlangt und nicht seine Verhaftung: „Wer ist überhaupt dieser Pinochet?„. Auch hier also wieder ein klares Indiz, dass Mesrine nicht wirklich einen Überblick über das politische Weltgeschehen hatte sondern wie bereits in Mordinstinkt gesehen, mehr Mitläufer als Idealist war.

Der Wendepunkt in Mesrines Denken scheint sich anzubahnen als er sich von seinen Flüchtlingskumpane und späteren Partner François Besse (Mathieu Amalric) endgültig im Streit trennt und fortan mit – den bereits erwähnten – Bauer gemeinsame Sache macht. An seiner Seite finden wir auch im zweiten Teil eine Frau, Sylvie Jeanjacquot (Ludivine Sagnier), die hier allerdings eine wesentlich passivere Rolle inne hat als etwa die im ersten Teil vorkommende Cécile De France.

Nachdem also einmal mehr, einmal weniger spektakuläre Fluchtversuche dargestellt wurden, kommt es wie es kommen muss und Mesrine wird brutal von der französischen Polizei unweit seines Geburtsortes auf offener Straße erschossen.
Die Studie dieses Verbrechers führt uns zu keinem eindeutigen Schluss würde ich sagen. Für mich bleibt der Charakter weiterhin ein Rätsel, denn die wahren Motive bleiben im Prinzip unbekannt. Einerseits trägt Mesrines Milieu zu seinem Werdegang bei, anderseits spielt aber auch seine Erfahrung im Algerienkrieg eine Rolle. Mal scheint er die sozialkritische Fahne zu schwenken, mal wieder unberechenbar und einfach nur des Verbrechens willens zu handeln.

Da ich mich zu wenig mit den Phänomen Jacques Mesrine befasst habe steht es mir allerdings nicht zu, zu beurteilen ob Richet’s Vorhaben nun gescheitert oder gelungen ist. Rein filmtechnisch kann ich allerdings behaupten ,dass es sich lohnt den Doppelteiler zu sichten. Alleine nur – und ich kann mich hier wirklich nicht genug wiederholen – wegen Cassels Glanzleistung. Auch in diesen 130 Minuten Laufzeit verkörpert er den ständig wandelnden und teilweise sogar übergewichtigen Mesrine hervorragend.
Von einer tollen DVD-Box mit massenweise Extras und Dokus über den Public Enemy darf also geträumt werden. Wer die Chance im Kino nicht wahrgenommen hat sollte also unbedingt die Augen offen halten.

Ijon Tichy zum DVD-Release

Das Bild der DVD ist in bester Qualität. Die Farben kommen satt und der Kontrast scharf auf dem Bildschirm zur Geltung. Auch bei den vielen verwackelten Kameraeinstellungen überzeugt die Ästhetik durch scharfe Bilder.

Der Sound und die Musik kommen kraftvoll aus den Boxen und auch die leiseren Töne können voll überzeugen. Ton und Bild bekommen also die Bestnote.

Neben Trailern gibt es im Bonusmaterial auf der DVD ein Making-Of, das eigentlich eine Aneinanderreihung von Kurzinterviews mit fast allen Protagonisten ist, die hier jeweils im Einzelgespräch zu Wort kommen. Was die einzelnen Schauspieler da zu sagen haben ist oft interessant und amüsant. Anekdoten und Meinungen über Kollegen, Dreh und Film ermöglichen ein Gesamtbild des Zweiteilers von Richet. Die Interviews werden mit kurzen Filmausschnitten und Aufnahmen des eigentlichen Drehs zu einem kurzweiligen Feature vermischt.

Noch ein kleiner Tipp: Wer des Französischen mächtig ist oder gern mitliest, sollte sich die DVD besser im Original mit Untertitel ansehen. Denn die Synchronstimmen der Hollywood-Stars verwirren und sind unpassend.

 

Mordinstinkt ist am 22. Oktober auf Blu Ray und DVD erschienen

 



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