Gesprengte Ketten

Gesprengte Ketten

(„The Great Escape“ directed by John Sturges, 1963)

Gesprengte KettenEin weiterer Klassiker den ich auf meiner Abschussliste hatte und gestern war es endlich soweit. Das allseits bekannte Gesicht von Steve McQueen, der hier einen gefangenen US-Piloten spielt, musste hier wohl für sämtliche Werbungen und Plakaten herhalten, aber im Grunde genommen bietet der Film von John Sturges ein viel breiteres Ensemble an tollen Schauspielern. Die recht hohe Anzahl an Charaktere verhindert allerdings dass einzelne Darsteller besonders auffallen und die nötige Tiefe erhalten, so geht in meinen Augen hier ein James Coburn völlig unter.
Die Situation und der Erzählstrang sind der des erst besprochenen „Papillon“ sehr ähnlich. Auch hier sitzten Steve McQueen und eine Schar von britischen und amerikanischen Soldaten in einem Gefangenenlager, das Szenario ist allerdings gänzlich anders. Wenn im Film von Franklin Schaffner noch die sengende Hitze das Denken der Protagonisten erschwerte und brutale, französische Wärter das Sagen hatten, befinden wir uns hier mitten im zweiten Weltkrieg, irgendwo in Deutschland.
Der zugegeben nicht sehr intelligente Plan der Nazis sämtliche „Fluchtexperten“ der Feinde in ein Lager zu stecken und dieses dafür umso härter zu überwachen, konnte nur in die Hosen gehen. Was wie ein ernstzunehmender WW2-Film beginnt ändert sich schnell in ein Abenteuer mit Action und auch den einen oder anderen Lacher. Captain Hilts (McQueen) entpuppt sich dabei sehr schnell zum rebellischen und großmäuligen aber tapferen Amerikaner wie man ihn aus dem Bilderbuch kennt. Isolationshaft im gefürchteten Bunker macht ihm nichts aus sondern führt nur dazu dass er die Bekanntschaft des Schotten Ives (Angus Lennie) macht. Auch Ives wurde wegen eines verpatzten Fluchtversuchs in Einzelhaft gesteckt doch es soll nicht sein letzter bleiben. Als der Brite von den Nazis erwischt und erschossen wird findet einer der recht wenig vorkommenden ernsthaften Momente statt. Erst in dieser Szene wirkten die deutschen Soldaten bedrohlich und herzlos wie man sie meist aus Kriegsfilmen kennt. Das soll übrigens kein negativer Kritikpunkt sein, denn schließlich verfolgt der Film nicht die Aufgabe die widerlichen Schandtaten der Nationalfaschisten aufzuarbeiten sondern legt das Hauptaugenmerk auf das was der Originaltitel besser wiedergibt, nämlich The Great Escape.
Dass der Streifen übrigens auf einer wahren Geschichte beruht (zumindest was die Flucht an und für sich angeht) war mir im Endeffekt egal. In vielleicht etwas überzogenen 170 Minuten Laufzeit geht es schlicht gesagt einfach nur darum mit den Gefangenen mitzufiebern und darauf zu hoffen dass ihre Peiniger nicht den Fluchtplan durchkreuzen. Dieser sieht nämlich vor dass unter dem Kommando von Squad Leader Roger Bartlett (Richard Attenborough) alle 250 Gefangenen über einen selbstgegrabenen Tunnel entkommen sollen.
Die Männer beginnen also mit perfekt abgestimmten Manövern ihre Bewacher davon abzulenken dass ein paar Meter unter ihren Füßen Charles Bronson den Tunnel in die Freiheit gräbt. Bronson widerfährt hier übrigens dasselbe Schicksal wie den Kollegen Coburn. Seine Nebenrolle als Maulwurf lässt seine Klasse nicht durchglänzen und somit empfand ich es als vergeudetes Potenzial. Richtig gut fand ich dann allerdings James Garner, der als smarter Flight Leutnant für etwas Abwechslung im Lager sorgt.
Das Drehbuch von James Clavell geht hier weniger auf detaillierte Charakterzeichnung, tiefgehende Dialoge oder kritische Bilder ein sondern wie schon erwähnt ist „Gesprengte Ketten“ in erster Linie ein Unterhaltungsfilm. Ich kann mir vorstellen dass dies in der Buchvorlage durchaus anders gehandhabt wurde. Nach über 2 Stunden Stollenbau und verpassten Fluchtchancen ist es schlussendlich eine wahre Erleichterung wenn Steve McQueen auf einem Motorrad über prächtige Wiesen düst. Die Bilder außerhalb des Lagers stehen im totalen Kontrast zum restlichen Film und es wurden einige schöne Landschaftsaufnahmen eingefügt.
Trotz einiger Kritikpunkte handelt es sich hier um einen absolut sehenswerten Klassiker. Das Set ist logischerweise fast nur auf das Gefangenenlager begrenzt doch das bedeutet nicht dass es langweilig wird. Dafür sorgt nicht zuletzt die Musik von Elmer Bernstein, der mir wie schon mit „The Magnificent Seven“ einen simplen Ohrwurm ins Ohr setzte. Auch die Score ist auf Unterhaltung aus und lässt das Ganze daher noch abenteuerlicher wirken. Als Antikriegsfilm kann man das Werk von John Sturges wohl kaum bezeichnen. Stilistisch fühlte ich mich an den bereits gesehenen „Dirty Dozen“ erinnert auch wenn dessen sarkastischer Ton hier nicht vorkommt.
Empfehlen kann ich die deutsche Tonspur übrigens nur bedingt. Teilweise kamen mir die Darsteller doch zu überzogen und albern vor, ich habe allerdings nicht den gesamten Film im O-Ton gesehen.



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