(„Made In Britain“ directed by Alan Clarke, 1982)
Der Film, geschrieben von David Leland aber von Alan Clarke in Szene gesetzt, wurde in den frühen Achtzigern für das Fernsehen produziert und stellte für Tim Roth sein Debüt als Schauspieler überhaupt dar. Es handelt sich allerdings weniger um einen Unterhaltungsfilm sondern vielmehr um eine Milieustudie die nicht den moralischen Zeigefinger erhebt sondern grob gesagt wie eine kommentarlose Dokumentation wirkt bei der sich der Zuschauer seine eigene Meinung bilden muss.
Der Streifen nimmt dabei die britische Skinheadszene unter die Lupe, wobei man sich hier auf ein Individuum, nämlich Trevor gespielt vom bereits genannten Roth, konzentriert. Der Zuschauer bekommt zu Beginn relativ wenig bis gar keine Infos über Trevors Umfeld oder dessen Vergangenheit. Klar scheint nur zu sein dass er aufgrund rassistischer Übergriffe nun vor Gericht steht. Dem jungen Briten scheint dies allerdings wenig zu kümmern, er zeigt keine Reue sondern ganz im Gegenteil verteidigt er seine Taten und lacht dem Richter kaltschnäuzig ins Gesicht. Da er als Jugendlicher laut Gesetz keine Freiheitsstrafe erhalten darf wird er kurzerhand in ein sogenanntes Beobachtungsheim gesteckt. Er wird des öfteren darauf aufmerksam gemacht, dass dies seine letzte Chance sei sich dem herrschenden Gesetz zu fügen und wieder ein „normales“ Leben zu führen.
In den folgenden der insgesamt ca. 75 Minuten wird das Publikum mit weiteren Infos über Trevors Weltanschauung gefüttert der somit auch die Chance bekommt seine Ansichten mit Argumenten zu untermauern. Kurz gesagt lehnt Trevor jegliche von der Gesellschaft vorgegebene Regel und sämtliche Autorität ab. Der Staatsgewalt begegnet er mit einer Gleichgültigkeit sondergleichen was es für die Erzieher und Institutionen noch schwerer macht mit ihm zu kommunizieren. Diese furchtlose Art macht ihn deshalb nahezu unantastbar und der Film versucht hier wie gesagt erst gar nicht dagegen zu halten.
In keiner Minute wird versucht die Gleichgültigkeit mit der Trevor sein Leben bestreitet zu kritisieren noch zu verteidigen. Dieser Neutralität könnte man allerdings vorwerfen dass Menschen die Trevors Einstellung teilen (und dabei denke ich vor allem an seine rassistischen Aussagen) sich mit diesem Flick bestätigt fühlen. Überhaupt scheint hier nicht ganz schlüssig zu sein ob Leland die Skinheads als britische Subkultur porträtieren wollte oder einen Mischmasch aus Rassismus und Anarchismus suchte. Die einzige musikalische Untermalung finden wir am Anfang und am Ende, nämlich den Song „UK82“ der schottischen Punkband The Exploited was wiederum ein Hinweis auf die Skinheadszene wäre.
Ansonsten reiht sich der Film in sämtliche britischen Produktione (vor allem die UK-Invasion in der Comicwelt fallen mir dabei ein) dieser Jahre nahtlos ein. Die Depression und schlechten Verhältnisse für die unteren Schichten unter Thatcher spielt hier mit Sicherheit eine wesentliche Rolle. Das marode System, der bröckelnde öffentliche Sektor aber vor allem die Arbeitslosigkeit die einem jungen Mann wie Trevor sämtliche Perspektiven nimmt sind zentrale Punkte in Made In Britain dessen Titel so gesehen auch auf mehreren Weisen interpretierbar ist. Dass der Film selbst in einem tristen Grauton gehalten ist passt wie die Faust aufs Auge.
Der damals 21 jährige Tim Roth ist hier aber wohl die Entdeckung schlechthin. Sein Debüt feiert er mit einer beeindruckenden Performance die wohl den größten Beitrag dazu geleistet hat dass das Script von Leland auf dem Bildschirm so gut funktionierte. Summa summarum finde ich Made In Britain ein durchaus interessantes und passables Experiment das mit einem Lowbudget von nur 1000 Pfund mit Sicheheit seinen Platz in der Filmgeschichte finden konnte.
(Anzeige)