(„Casablanca“ directed by Michael Curtiz, 1942)
Der Filmemacher Michael Curtiz lässt sich genremäßig nicht leicht einordnen. So drehte er beispielsweise neben historisierenden Abenteuerfilmen wie Die Abenteuer des Robin Hood und Der Herr der sieben Meere auch den Gangsterfilm Chicago – Engel mit schmutzigen Gesichtern. In seiner vordergründigen Liebesromanze Casablanca verbindet Curtiz Elemente aus verschiedenen Filmgenres. So weist der vielzitierte, melodramatische Klassiker Kennzeichen des Kriminal-, Historien- und Propagandafilms auf. Als Vorlage diente Curtiz das unproduzierte Theaterstück „Everybody Comes to Rick‘s“ von Murray Burnett und Joan Alison aus dem Jahr 1939.
1941, in den Wirren des Zweiten Weltkrieges, führt der zynische Amerikaner Rick Blaine (Humphrey Bogart) seine Bar „Café Américain“ in der marokkanischen Hafenstadt Casablanca. Er verhält sich, nachdem er als Widerstandskämpfer gegen Franco in Spanien gekämpft hat und als Waffenschmuggler für den Widerstand in Äthiopien tätig gewesen ist, distanziert gegenüber den aktuellen Kriegsereignissen. Unvermittelt taucht eines Tages der tschechische Widerstandskämpfer Victor Laszlo (Paul Henreid), der aus einem Konzentrationslager entkam, zusammen mit seiner Frau Ilsa Lund (Ingrid Bergman) in Casablanca auf.
Die Verfolgten werden von dem opportunistischen Polizeipräfekten Renault (Claude Rains) in den Zusammenhang mit einem kürzlich stattgefunden Überfall auf zwei deutsche Kuriere gebracht, deren Ausreisevisa gestohlen worden waren. Rick wird widerwillig in die Sache verwickelt, weil er Ilsa aus seiner Zeit in Paris kennt. Sie waren ein Liebespaar, nachdem Ilsa ihren Mann im für tot gehalten hatte. Ihre Liebe endete aber dadurch, dass Victor unverhofft doch am Leben war. Rick will nichts mehr mit Politik zu tun haben, sieht sich jedoch von seiner Vergangenheit eingeholt und steht vor Frage, ob er den beiden zur Flucht nach Amerika verhelfen soll. Auch Ilsa lässt die Begegnung mit ihrem ehemaligen Geliebten nicht kalt. Sie muss sich zwischen ihn, für den sie zweifellos noch Gefühle empfindet, und ihren Mann entscheiden.
Der trinkende und zynische Humphrey Bogart (Gangster in Key Largo) und die verzweifelte Ingrid Bergman (Berüchtigt) brillieren in einem Film über eine ausweglose Situation. Der Kameramann Arthur Edeson (Die Spur des Falken) verwendete für die Großaufnahmen bei Bergmann einen speziellen „Gaze-Filter“, das ihm die Möglichkeit bot, ihr Gesicht melancholisch erscheinen zu lassen. Dieser Effekt wurde durch eine gezielte Beleuchtung verstärkt. Erwähnenswert ist noch Peter Lorre (M – eine Stadt sucht einen Mörder, Arsen und Spitzenhäubchen), der in seiner Nebenrolle als Ugarte positiv auffällt.
Casablanca ist ein (H)Ort der Unsicherheit, aber gleichzeitig auch der Hoffnung. Es ist eine neutrale Stadt der Zwischensphäre, hier treffen sich erbitterte Gegner, Flüchtlinge, politisch Verfolgte und zwielichtige Gestalten. Die nordafrikanische Hafenstadt fungiert als Durchreisehaltestelle, von der aus man als Flüchtling in das freiheitliche Amerika gelangen kann. Dafür benötigt man lediglich die richtigen Papiere. Das Auffangbecken dieser Figuren ist die Bar Ricks, die wie ihr Besitzer alle Gäste politisch unvoreingenommen empfängt. Trotz oder wegen Ricks politischem Engagement in seiner Vergangenheit, scheint ihm nur noch der Dollar wichtig zu sein.
Casablanca ist auch ein Propagandafilm gegen das damals nationalsozialistische Deutschland. Die Filmfabriken wurden mittels des „United States Office of War Information“ auf den bevorstehenden Kriegseintritt der USA eingestimmt. Der Schauplatz, Casablanca, war historisch tatsächlich im Januar 1943 der Treffpunkt für den amerikanischen Präsidenten Roosevelt und den britischen Premierminister Churchill. Auf der so genannten „Casablanca-Konferenz“ wurde die Landung der Alliierten auf Sizilien beschlossen. Darüber hinaus reiht sich die Konferenz in eine Serie von Konferenzen (Teheran, Jalta, Potsdam) ein, die zur Bildung der Anti-Hitler-Koalition beitrug. Das ist für den Film insofern erwähnenswert, als dass die Produktionsfirma Warner Brothers nutzte genau dieses politische Ereignis zur eigenen Werbung ausnutzte. Dafür wurde der Filmstart des bereits 1942 fertiggestellten Streifens auf Februar 1943 verschoben, so dass Curtiz Film, dem man keinen kommerziellen Erfolg voraussagte, massenwirksam promotet werden konnte.
Die Filmmusik arrangierte Max Steiner. In dem 102 Minuten Filmlänge fügte er unter anderem den Song „As Time Goes By“ von Herman Hupfeld ein. Der Haupanteil der Filmmusik besteht aus Variationen von diesem Song und der „Marseillaise“. Michael Curtiz schrieb mit Casablanca Filmgeschichte und schuf ein zeitlos unterhaltsames Werk.
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