Der Außenseiter

Die Außenseiterbande

(„Bande à part“ directed by Jean-Luc Godard, 1964)

Die AusenseiterbandeDie Außenseiterbande – so lautet der Ganovenfilm von Jean-Luc Godard. Im Gegensatz zu Außer Atem wird darin nicht die ganz große Filmgeschichte geschrieben. Nichtsdestoweniger bezieht sich der französische Autodidakt in diesem Werk der Pulp-Kultur und dem amerikanischen B-Movie. So basiert diese Parodie auf einem Trivialroman von Dolores Hitchens. Rekordverdächtig ist allerdings die Produktionszeit für seinen siebten Spielfilm: in gerade einmal 25 Drehtagen. Vielleicht kommt daher auch die Idee, dass die Protagonisten im Film in nur 9 Minuten und 43 Sekunden den kompletten Louvere zu „besichtigen“ oder besser zu durchrennen.

Der Versager Artur (Claude Brasseur) und der belesene Franz sind ziellose Arbeitslose, die vom großen Glück außerhalb Frankreichs träumen. So will Franz (Sami Frey) eines Tages Rennfahrer in Indianapolis werden. Artur hat ein Auge auf Franz‘ Freundin Odile (Anna Karina) geworfen, die sie gemeinsam im Englischkurs aufsuchen. Zudem ist die naive Odile ein Aupairmädchen bei der wohlhabenden Madame Victoria (Louisa Colpeyn), die ein mittelgroßes Vermögen in ihrer Villa beherbergt. Artur übernimmt fortan das Sagen innerhalb der Bande und ist der neue Freund Odiles. Hinzu kommt, dass ihm sein Onkel Druck macht, den Coup möglichst rasch über die Bühne zu bringen. Er überredet schließlich die verängstigte und unschlüssige Odile als Komplizin bei dem Raub teilzunehmen. Doch ihr erster Versuch scheitert trotz ihres ausgeklügelten Plans. Odile bekommt Zweifel bezüglich des Vorhabens und ihrer Gefühle für Artur. Franz liebt Odile immer noch und versteht nicht, warum Odile sich von Artur so schlecht behandeln lässt.

Der Film wird durch eine literarische und parodistische Erzählstimme aus dem Off – Godard selbst – begleitet. So erfährt der Zuschauer beispielsweise am Ende, dass die „Geschichte wie ein billiger Hintertreppenroman“ endet und demnächst „eine Fortsetzung, diesmal aber in Technicolor und Cinemascope“ folgen wird. Oder der allwissende Erzähler weist in amüsantem Ton darauf hin, dass die „inneren Gefühle des Trios wohl jedem bekannt sein dürften“ und deshalb auf andere Aspekte eingegangen werden kann. Godard spielt hier mit den konventionellen Erzählstrukturen sowie mit der Erwartungshaltung des Publikums. Entgegen seiner eigenen Forderung, dass die Trias „Anfang – Hauptteil – Ende“ nicht in dieser Reihe erfolgen müsse, ist diese Arbeit fas schon ein normaler Gangsterfilm.

Denn zu einem guten Film bräuchte man nichts weiter als „ein Mädchen und einen Revolver“. So handelt Die Außenseiterbande vordergründig tatsächlich von den Liebesbeziehungen zwischen Franz und Odile beziehungsweise Artur und Odile. Daneben streut Godard aber in gewohnter Manier Zitate aus der Populärkultur – Kino, Pulp-Romane und Chansons –, der Presse – Politik – und vor allem bietet er aber Referenzen bezüglich seiner literarischen Vorbildern: zum Beispiel Jack London, William Shakespeare, T. S. Eliot und Arthur Rimbaud.

In 97 Minuten zeigt Die Außenseiterbande ein amüsantes Revival des Film Noirs und der Nouvelle Vague. Beide Filmströmungen hatten zu diesem Zeitpunkt ihre Blütezeit bereits überschritten. Der größenwahnsinnige französische Regisseur – oder: Jean-Luc Cinema Godard, wie er sich selbst in dieser Arbeit betitelt – zeigt in Die Außenseiterbande noch einmal, welche Errungenschaften durch die beiden Filmgenres hervorgekommen sind und verbindet diese auf geschickte Weise miteinander. Untermalt wird das alles durch die stimmungsvolle Musik von Michel Legrand, die im Gegensatz zu den wenig variierten Jazzsounds aus Außer Atem abwechslungsreicher arrangiert sind.



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