(„Dark Passage“ directed by Delmer Daves, 1947)
Der Noir-Thriller Die schwarze Natter ist auch bekannt unter dem Titel Das unbekannte Gesicht. Er ragt aus der „Schwarzen Serie“ Hollywoods heraus, weil er eine unkonventionelle Kameraarbeit aufweist. Delmer Daves Arbeit bezeichnet die dritte Zusammenarbeit des Teams Bogart (Die Spur des Falken, Casablanca) und Bacall (Tote schlafen fest, Gangster in Key Largo).
Die Handlung dreht sich um Vincent Perry (Humphrey Bogart). Er ist ein zu Unrecht verurteilter Mörder, der aus dem Gefängnis ausbricht und nach San Francisco flieht. Seine Frau wurde umgebracht und das Gericht befand ihn für schuldig. Ein zwielichtiger Chirurg operiert ihn, um ihm eine neue Identität durch ein anderes Gesicht zu verleihen. Zufällig taucht er bei Irene Jansen (Lauren Bacall) unter, die fortan die einzige Person ist, die an seine Unschuld glaubt. Gemeinsam wollen sie die Wahrheit aufdecken, wofür sie den wahren Mörder und die Drahtzieher für diese Intrige finden müssen.
Erzähltechnisch ist als ungewöhnliches Merkmal festzuhalten, dass das erste Drittel des Films – Die Flucht – aus der Sicht des grandios spielenden Bogart erzählt wird. Dafür verwendete Daves eine subjektive Kamera, die zusammen mit Bogarts Stimme aus dem Off die narrative Struktur zu Beginn des Films ausmacht. Der restliche Film – nach der Gesichtsoperation – wurde in gewohnten Kameraeinstellungen gedreht. Die Innovation der Egoperspektive hebt Die schwarze Natter von anderen Noir-Thrillern aus der „Schwarzen Serie“ hervor. Filmtechnisch wäre außerdem noch die Albtraumsequenz hervorzuheben, die Perry während seiner Operation erleidet. Das Team Bacall und Bogart harmoniert perfekt zusammen und zeigt eine ungewöhnliche Liebesbeziehung, die in ähnlicher Weise beim Polit-Thriller-Klassiker Die drei Tage des Condor (Sydney Pollack) wiederholt wird. Andere Filme, die an Die schwarze Natter anknüpfen sind der Action-Thriller Face Off – Im Körper des Feindes (John Woo) und der Science-Fiction-Thriller Minority Report (Steven Spielberg). In beiden Krimis unterziehen sich die Protagonisten ähnlichen Gesichtsoperationen.
Abgesehen davon schrieb Daves mit seiner 106 Minuten umspannenden Arbeit jedoch keine Filmgeschichte. Mit sehr guten Nebendarstellern und überragenden Protagonisten schafft er zwar einen spannenden, atmosphärisch dichten Noir-Streifen. Jedoch müssen aufgrund der unglaubwürdig wirkenden Handlung Abstriche gemacht werden, wodurch der Streifen keinen Klassikerstatus erzielt.
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