(„Che: Part One“ & „Che: Part Two“ directed by Steven Soderbergh, 2008)
Als Steven Soderberghs Che die Kinos stürmte hielt ich mich erstmal vorsichtig zurück. Zu groß war meine Befürchtung eine weitere platte Leinwanddarstellung der Widerstandikone zu Gesicht zu bekommen und so entschied ich mich auf das Disc-Release zu warten. Soderbergh stellt sich mit seinem letzten Werk erneut gegen herrschende Mainstream-Konventionen und angelte sich ganz nebenbei mit Benicio del Toro wieder mal einen klasse Hauptdarsteller der schon in Soderberghs bis dato erfolgreichsten Streifen Traffic brillierte.
Beginnend mit dem operieren der „Castro“-Guerilla auf Kuba im Jahre 1956 ist der Streifen in zwei Teile aufgeteilt und umspannt insgesamt mehr als viereinhalb Stunden Laufzeit die unweigerlich mit dem Tod von Guevara endet. Fast schon fragmentarisch hangelt sich der Zuschauer von Station zu Station, der Fokus liegt dabei vor allem auf das Alltagsleben eines Guerilleros im dichten Dschungel. Die Schlachten werden zwar stets genannt und datiert, selten aber bekommt man diese zu sehen. Einzelne Rückblicke wie etwa das erstmalige Aufeinandertreffen von Castro (Demián Bichir) und Ernesto Guevara (Benicio del Toro) geben den historisch weniger bewanderten Publikum Hilfestellung insgesamt wird man aber sehr oft allein gelassen, eine geschichtliche Basis ist also durchaus von Vorteil. Während der erste Teil den Weg nach Havanna zur Machtergreifung rekonstruiert, widmet sich der zweite Part der nachrevolutionären kubanischen Intervention in Bolivien, bei der Che seinen Tod fand.
Die Herangehensweise an den Mythos Che Guevara ist dabei immer sehr lobenswert und verglichen mit bisherigen Verfilmungen sogar durchaus innovativ. Ernesto Guevara steht hier nicht unbedingt immer im Mittelpunkt sondern vielmehr profiliert Soderbergh den Revoluzzer als strategisches Hirn des Widerstands der im Kampf jedoch nur zu einem schwarzen Punkt im grünen Dickicht wird, nicht mehr aber auch nicht weniger. So fehlen sämtliche Großaufnahmen der Kämpfe bei denen man zusammengebissene Zähne und starke Männerkörper sieht, überhaupt scheint der Regisseur dem bewaffneten Kampf lieber aus dem Weg zu gehen. Dies wird sich erst im zweiten Teil radikal ändern wo vor allem das letzte Drittel einer ideenlosen Jahrmarktballerei gleichkommt.
Che rückt immer dann in den Mittelpunkt wenn ideologische Fragen beantwortet, oder die rigorose Funktionsweise einer Guerillatruppe gezeigt werden soll. Keinesfalls verliert sich Soderbergh in träumerische Vorstellungen einer Rebellenbewegung die sich mit irgendwelchen marxistischen Symbolen schmückt und schreiend und mit unbeugsamen Heldenmut den Kampf antritt. Neben dem (zumindest teilweise) blinden Gehorsam zeigt der Film auch die brutale Bestrafung bei Nichtbefolgen der Regeln und die hierarchische Ordnung der Truppe. Die Gewaltakte bleiben dem Zuschauer erspart, die Bilder von Exekutionen und Vergewaltigungen spielen sich vorwiegend im Kopf des Betrachters ab.
Die größte Schwäche des Streifens ist dann aber wohl die oft unerträgliche Langatmigkeit. Soderberghs Experiment einen möglichst echt wirkenden Film ohne übertriebene Actioneinlagen und ohne pathetische Musik über die kubanische Revolution zu machen ist deshalb nur bedingt gelungen, er läuft stets Gefahr, dass sein Publikum das Interesse oder zumindest irgendwann die Konzentration verliert. Er hat sicherlich Recht den Alltag der Guerilleros weniger aufregend oder sagen wir nüchterner zu zeigen als mancher Pantoffelheld sich das vorstellen mag, allerdings versteht sich Che als Unterhaltungskino und nicht als Dokumentation und wird deshalb sicherlich die Geduld einiger Zuschauer sprengen.
Apropos Musik: obwohl Alberto Iglesias damit meistens geizt, fand ich die wenigen Stücke sehr passend. Die Entscheidung auf Musik als Stimmungsmittel zu verzichten war sicherlich korrekt andererseits wurde die Geräuschkulisse des Dschungels kaum genutzt, so wirkt Che ungemein ruhig.
Was schlussendlich bleibt ist also ein fader Beigeschmack. Sicherlich einer der besseren Ernesto Che Guevara-Ableger mit einem superben Benicio del Toro in der Hauptrolle aber unterm Strich ist Steven Soderberghs Werk dann doch nichts Besonderes. Die Tatsache, dass er wieder einmal auf sämtliche Hollywood-Traditionen pfeift sollte ihm dennoch hoch angerechnet werden, schließlich schwimmt er schon seit einiger Zeit (mehr oder weniger erfolgreich) gegen den Strom.
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