(„Halloween 2“ directed by Rob Zombie, 2009)
Als 2007 Rob Zombies Remake des John Carpenter Klassikers die Kinoleinwände heimsuchte, ließ der Regisseur verlauten, dass er Michael Myers menschlicher darstellen wolle und nicht als die unzerstörbare Killermaschine, die er in den ursprünglichen Filmen war. Er sei verletzlich und so durfte er am Ende den scheinbar finalen Kopfschuss durch Laurie einstecken. Und nun gibt Zombie uns Halloween II. Laurie ist zunächst halbwegs wahnsinnig und Michael, nun ja, er ist eine unzerstörbare Killermaschine.
Ein Jahr nach seinen Gräueltaten in Haddonfield kehrt Michael Myers zu seinem Ursprung zurück und wahrlich, er macht keine Gefangenen. Jeder, der sich ihm bei seiner Heimkehr in den Weg stellt oder ihm aus eben diesem gehen will, wird in seine Einzelteile zerlegt. Man hat also keine Wahl. Schnell werden dann auch Michaels Schritte gen die zur aufmüpfigen Tussi mutierten Laurie und deren Freundinnen gerichtet und fertig ist die Schlachtplatte. Derweil ist auch Doktor Loomis zu einem geld- und ruhmsüchtigen Kerlchen verkommen, der keine noch so lächerliche Talkshow ausschlägt, um sich zu profilieren. Soweit die Handlung der zweistündigen Gewaltorgie.
Ich muss zugeben, dass ich mich nicht daran erinnern kann, dass ein Film mich dermaßen zwiegespalten zurückgelassen hat. Was will Herr Zombie mit dem Sequel bezwecken? Er schmeißt praktisch alles über Bord, was die Pluspunkte des ersten Teiles waren. Es gibt unter den Hauptakteuren keine Identifikationsfiguren mehr, alle Beteiligten sind unausstehlich, durch den Wind oder arrogante Arschlöcher. Oder eben Killer. Oder alles zusammen. Aber nein! Da ist ja noch Brad Dourif als Sheriff Brackett! Seine Figur bleibt weitgehendst nachvollziehbar und vermag auch beim Zuschauer so etwas wie Sympathie zu wecken. Aber alles nach der Reihe.
Was sich bereits bei The Devil’s Rejects und Halloween angedeutet hat, ist Zombies Umgang mit den moralischen Aspekten. Waren die Herren Vorhees, Krueger oder eben Michael Myers in der Blütezeit der Slasher noch allesamt moralische Instanzen, die Sex, Drogen und Alkohol unverzüglich aufs Härteste bestraften, so zeigt sich der „neue“ Myers erfreulich unmoralisch. Wer raucht, bekommt eine Hacke ins Kreuz, wer nicht, der auch. Die „emotionalsten“ Momente hat Halloween 2 dann auch, wenn beispielsweise die sympathische Krankenschwester ins Gebet gerufen wird oder wenn das Mädchen, das den Maskenträger eigentlich beschützen möchte, kaltblütig ausradiert wird.
Gewalt, so Rob Zombie, dürfe keinen Spaßfaktor besitzen, sie müsse dem Zuschauer wehtun. In manchen Momenten gelingt dies vorzüglich, weniger jedoch, wenn das Opfer ohnehin ein Schwein ist. Dazu kommt, dass der Bodycount derart immens ist, sodass es einem ohnehin irgendwann egal ist, wer da nun mit zerbrochenem Kiefer ins Gras beißt. Und dann ist die Gewalt eben gar nichts mehr, weder abstoßend noch Spaßfaktor. Die Gewaltausbrüche sind zudem dermaßen extrem und over the top, dass man eigentlich bereits nach dem ersten Zerbersten von Körpern förmlich spürt, dass hier keine Party gefeiert wird. Aber warum dann das alles? Ist Halloween 2 also nur ein allgemeines Statement gegen Gewalt? Wohl kaum. Wer kann sich schon mit Michael identifizieren, außer er hat den unstillbaren Drang, sich eine Maske aufzusetzen, um sich danach bunt durch den Verkehr zu schnitzen. Einfach nur so oder wegen einer schlimmen Kindheit. An diesem Punkt wünscht man sich dann vielleicht doch so etwas wie eine Ambition und sei sie noch so moralisch fadenscheinig und fragwürdig wie beim Jigsaw-Killer.
Gestalterisch hat der Film dann aber einiges zu bieten und auch hier ist die Axt recht zweischneidig. Wenn Myers sich auf den Weg nach Haddonfield begibt und die Kamera ihm über die Wiese entgegen- und über ihn hinweg fliegt, wird dies von Impressionen der ahnungslosen Stadt unterbrochen. Das ist atmosphärisch und schon irgendwie großes Kino, wie man so schön sagt. Auch wenn ein Mord zunächst lediglich angedeutet und letztendlich durch Flashbacks während der Ermittlungen am Tatort rekonstruiert wird, hat das einfach eine große Wirkung.
Doch leider strapaziert der Regisseur dieses Stilmittel während des Filmes über, sodass dem Rezipienten auch das schnell überdrüssig wird. Ebenso ergeht es einem beim Auftritt Captain Claggs und seinen Kreaturen der Nacht. Man fühlt sich an From Dusk Till Dawn erinnert, wenn Tito & Tarantula zum Tanze aufspielen. Doch was Rodriguez effizient einzusetzen vermag, will Herrn Zombie so gar nicht gelingen. Statt die Band einen Song spielen zu lassen, fordert er so ziemlich deren ganzes Repertoire, das immer wieder durch, richtig, Myers Geschnatzel unterbrochen wird. Auch hier wäre weniger mal wieder deutlich mehr gewesen.
Also, lieber Rob, was soll das nun alles? Das Gewalt scheiße ist, war mir tatsächlich schon vorher klar, da muss ich einfach nur auf die Straße gehen. Spaß machen soll’s aber auch nicht. Ja, was denn? Bei den einigen guten Ansätzen wär’s vielleicht gut, mal einen Director’s Cut herauszubringen, der einfach eine halbe Stunde kürzer ist. Na?
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