Lost In Translation
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Lost In Translation – Zwischen den Welten

(„Lost In Translation“ directed by Sofia Coppola, 2003)

Ich gestehe, mein erstes Mal. Oft habe ich die unermüdlichen Tipps von Bekannten ignoriert, ein andermal verschwand der Film von Sofia Coppola einfach so aus meiner Merkliste. Selbst die durch die Bank guten Stimmen von Fans und Kritikerestablishment scheinen an mir vorbei gegangen zu sein. Nun gut, es ist vollbracht und ich darf mich den Lobhudeleien anderer anschließen.

Die Tochter von New Hollywood-Legende Francis Ford Coppola wollte Bill Murray als Hauptdarsteller und bekam ihn schlussendlich auch. Er spielt hier Bob Harris, einen alternden Filmstar, der sich in Tokio auffällt weil er dort einen Werbespot für Whiskey drehen soll. Die Bezahlung ist gut, sehr sogar, doch sein künstlerisches Talent bleibt dabei außen vor. Er fühlt sich alleine mitten in dieser pulsierenden Metropole, alleine mit seinen Gedanken, begraben von der nervraubenden Lautstärke, der Hektik und einer Kultur die ihm fremd ist und sich für ihn als komplett unzugänglich erweisen wird. Bob wirkt wie ein Mann in der Midlifecrisis, nein mit höchster Wahrscheinlichkeit befindet er sich genau in einer solchen.

Im Luxushotel, in dem er seinen Status würdig untergebracht ist, trifft er alsbald auf Charlotte (Scarlett Johansson). Charlotte steht im krassen Gegensatz zu Bob. Sie ist jung, hat soeben ihr Philosophiestudium abgeschlossen und begleitet ihren frisch vermählten Gatten (Giovanni Ribisi) auf einer Geschäftsreise. John, so sein Name, ist ein erfolgreicher Fotograf und geht in seiner Arbeit vollends auf. Er ist aber dermaßen in seinem Job vertieft, dass er für seine Frau kaum Zeit findet.

So sehr Charlotte und Bob auf den ersten Blick unterschiedlich wirken mögen, teilen sie dennoch dieselbe Abneigung gegenüber der japanischen Hauptstadt was so also wiederum verbindet. Nach den ersten zögerlichen Dialogen, schließen die beiden eine intensive Freundschaft, verbringen die Zeit damit diesen außergewöhnlichen Fleck Erde zu erkunden und dessen Bewohner besser kennenzulernen. Bob driftet völlig ab, erfährt eine Neugeburt und verliert sich in der hübschen Charlotte, die für ihn aber weniger ein Objekt der Begierde sondern vielmehr eine Muse darstellt. Immer wieder holen ihn sein Werbeauftrag oder die Telefonate seiner Frau auf den harten Boden der Tatsachen zurück und schließlich kommt der Tag der Abreise. Bob muss sich entscheiden: Abenteuer oder Verantwortung?

Lost In Translation erzählt kurz gesagt von zwei Menschen, die vollkommen verloren und ziellos, im Spiel das sich Leben nennt umherirren und sich darin einander finden. Tokio als chaotischer Stadtdschungel stellt dafür die perfekte Metapher dar, doch ist es zugleich ein Liebesgeständnis von Coppola an die Weltmetropole.

Mit Murray sicherte sich die Regisseurin und Autorin einen begnadeten Schauspieler, der die Tragik aber zugleich Komik der Figur brillant umsetzt. Der Film ist in erster Linie nämlich auch Komödie, der Humor entsteht meist durch das sprachliche bzw. kulturelle Unverständnis. Mancherorts wurde dies sogar als latent rassistisch kritisiert was ich persönlich aber überhaupt nicht nachvollziehen kann und sogar vehement abstreiten würde. Lost In Translation begegnet der nipponischen Kultur stets mit Respekt, das bedeutet aber nicht dass man sich darüber nicht amüsieren darf.

Dem alten Hasen Murray wurde die ebenso grandios aufspielende Scarlett Johansson zur Seite gestellt was sich als wahrer Glücksgriff erwies. Die spätere Muse von Woody Allen zeigte bereits hier mit nur 19 Jahren welches Potenzial in ihr steckt. Sie gibt ihrem Charakter einen Hauch von junger Naivität aber gleichzeitig spielt sie eine äußert starke und erwachsene Frau. Bob findet daran sichtlich Gefallen und eine Quelle der Inspiration, er wird dadurch wortwörtlich revitalisiert und nach 25 Jahren  Ehe erlebt er nach langem ein echtes Abenteuer. Er verliert dabei jedoch nie den Anstand und seine fast schon väterliche Sorge um Charlotte  sind das wirklich tolle an seinem Part. Diese platonische Liebe zwischen Geschlechtern die über die ganze Spielzeit gänzlich ohne Sex auskommt ist so untypisch für Hollywoodkino wie es nur sein könnte und stellt eine erfrischende Abwechslung dar.

Sofia Coppola katapultierte sich damit auch sofort in einen elitären Kreis von Ausnahmetalenten und beweist dass sie längst die Fußstapfen ihres Vaters verlassen hat und auf eigenen Beinen stehen kann. Wer Lost In Translation noch nicht gesehen hat, sollte es nicht so wie ich machen und es auf die lange Bank schieben, unbedingt anschauen!



(Anzeige)

8
von 10