(„Shutter Island“ directed by Martin Scorsese, 2010)
Martin Scorseses letzter Kinospielfilm besticht weniger durch Innovation sondern viel mehr damit wie routiniert der Altmeister eine packende Story in gestochen scharfe Bilder einwickelt. Ich war schon immer ein Fan seines Kinos doch in den letzten Jahren enttäuschte mich der Italoamerikaner ein wenig. Nach dem eher langatmigen wenn auch grandios inszenierten Gangs Of New York oder Aviator war sein überflüssiges Remake von Infernal Affairs dran. Jedes mal holte er sich für die Hauptrolle seinen neuen Schützling, Leonardo DiCaprio, so auch diesmal. Wenn mir persönlich der Schauspieler früher überhaupt nicht gefiel so muss ich mittlerweile zugeben dass er unter Scorsese durchaus aufgeblüht ist. In Shutter Island spielt er den US Marshall Teddy Daniels, einen Schnüffler der mitte der Fünfziger einen flüchtigen Kriminellen einer Heilanstalt für Geisteskranke wiederfinden soll.
Gemeinsam mit seinen neuen Partner Chuck (Mark Ruffalo) gelangt er per Fähre nach Shutter Island, der Ort der zu untersuchen gilt und als eiserne Festung gilt. Die Anstalt unter der Führung von Dr. Cawley (Ben Kingsley) gilt insofern als Besonders da neumoderne Heilmethoden angewandt werden. Die psychisch gestörten Verbrecher werden weniger wie Inhaftierte sondern vielmehr wie pflegebedürftige Patienten behandelt, eine Lobotomie – für diese Jahre ein gängiges Mittel um diese „Schandflecken der Gesellschaft“ ruhig zu stellen – stellt nur die allerletzte Möglichkeit dar.
Teddy hält von dem Ganzen aber recht wenig, schließlich wurde seine Familie selbst Opfer eines verrückten Feuerteufels: seine Frau (Michelle Williams) und die drei Kinder starben beim Anschlag eines Brandstifters auf brutale Weise. Dies ist aber nicht die einzige Last die Teddy mit sich trägt. Neben seiner fast schon panischen Angst vor Wasser, verfolgen den Kriegsveteranen ständig Erinnerungen der Befreiung Dachaus im 2. Weltkrieg, bei der er an vorderster Front dabei war. Die Gräueltaten der Nazis verursachen bei ihm ständige Migräneattacken die den anwesenden Doktoren auf Shutter Island (u.a. Max von Sydow) selbstverständlich sofort auffallen und ihn deshalb darauf ansprechen.
Der Marshall ist über die Hilfsbereitschaft aber keineswegs erfreut, schließlich ist er nicht seinetwegen auf die Insel gekommen sondern möchte die flüchtige Patientin einfangen. Umso mehr ärgert es ihn dass das Personal sich nicht gerade kooperativ verhält und die Insassen womöglich einer Gehirnwäsche unterzogen wurden, denn die Antworten auf seine Fragen klingen zu perfekt, zu abgesprochen, vor allem wenn man bedenkt dass es sich um geistig gestörte Menschen handelt. Daniels kombiniert sehr schnell dass es sich hier um eine Verschwörung handeln muss, die einzige Person der er noch vertrauen kann ist sein Partner Chuck.
Anders als viele Besprechungen der letzten Tage in der Blogosphäre möchte ich an dieser Stelle nichts verraten, auch wenn der aufmerksame Kinobesucher recht schnell den Braten riechen wird. Nicht desto trotz konnte mich der insgesamt 138 minütige Streifen aber prächtig unterhalten. Scorsese begeht keinen Fehler, überlässt nichts dem Zufall indem er z.B. künstlerische Experimente ausprobiert oder irgendwelche Tabus bricht. Es gibt eigentlich nichts das man nicht schon einmal gesehen hätte und dennoch fesselt die Story die auf den gleichnamigen Roman von Dennis Lahen basiert.
Die einzelnen Darsteller spielen ihre Rollen allesamt gekonnt ohne jetzt aber irgendwelche Maßstäbe setzen zu können. Ein richtiger Soundtrack ist eigentlich nicht vorhanden, dafür tragen die wenigen, eingesetzten Klänge aber wesentlich zur Stimmung bei. Ein massentaugliches Werk ohne viele Kanten und Ecken ja, aber nach langem wieder mal ein Scorsesefilm der es absolut Wert ist auf der großen Leinwand zu sehen (was nicht bedeutet dass dies bildtechnisch gesehen bei Aviator nicht so war).
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