Bad Lieutenant

Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen

(„Bad Lieutenant, directed by Werner Herzog, 2009)

Der Titel trügt ein wenig, denn es handelt sich keineswegs um ein reines Remake des Abel Ferrara-Films auch wenn natürlich viele Parallelen auszumachen sind. Werner Herzog manövriert hier einen wiedergefundenen Nicolas Cage gekonnt durch einen auf seine Weise bestechenden Cop-Thriller der mit voranschreiten der Spielzeit aber zunehmend zur Karikatur verkommt.

Angesiedelt in New Orleans nach der verheerenden Katastrophe durch den Hurrikan Katrina, startet die Story von Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen durchaus seriös und präsentiert uns schön nach der Reihe die verschiedenen Charaktere. Der Protagonist und Polizist Terence McDonagh (Nicolas Cage) leidet seit geraumer Zeit unter höllischen Rückenschmerzen die er anfangs mit Vicodin danach mit Koks aus der behördlichen Asservatenkammer therapiert. Die Drogensucht ist jedoch nicht sein einziges Laster, so hat er nebenbei relativ hohe Wettschulden in der nahegelegenen Sportbar und besucht regelmäßig die Edelprostituierten Frankie (Eva Mendes). Sein familiärer Background scheint auch nicht unbedingt der beste Rückhalt zu sein: seine Mutter ist tot, der Vater (Tom Bower), seines Zeichens Ex-Bulle im selben Dezernat, säuft sich seither mit seiner Lebenspartnerin (Jennifer Coolidge) ins Grab.

Der eigentliche Plot beginnt sich aber erst zu entwickeln als McDonagh zum leitenden Ermittler in einem brutalen Mordfall berufen wird. Der Lieutenant soll die Hinrichtung einer afrikanischen Familie aufklären, im Prinzip weiß aber jeder dass Drogenboss Big Fate (Xzibit) dahintersteckt, doch dieser scheint unantastbar zu sein. Herzog driftet nun irgendwann im Schlussdrittel von seinem zuvor durchaus ernsthaften Kurs unerwartet ab und verwandelt sein Werk in eine bitterböse Hollywood-Satire samt schmalzigen Happyend.  Der renommierte Regisseur lässt es sich nicht nehmen ungewöhnliche stilistische Mittel einzusetzen wenn er zum Beispiel aus einer surrealen Egoperspektive eines Leguans das Geschehen wiedergibt um so dem Publikum nochmals deutlich den ständig benebelten Geisteszustand von McDonagh nahezulegen. Er transformiert schlussendlich das Ganze zu einen Kunstfilm bei dem oftmals das schlitzohrige Augenzwinkern des Deutschen kaum zu übersehen ist und durchblicken lässt dass der Altmeister noch längst nicht alles ausprobiert hat.

Die große Überraschung in Bad Lieutenant ist aber der letzthin verblasste Nic Cage der seine Rolle hier stets mit Bravour spielt und durchaus mit seiner Leistung aus Lynch’s Wild At Heart verglichen werden darf. Cage dominiert vollkommen das Leinwandgeschehen, seine bucklige Figur die man als rasante Zeitbombe auf Koks umschreiben könnte, kauft man ihm in jeder Sekunde ab. Mit Leichtigkeit, so scheint es zumindest, mimt er den ausgebrannten, selbstzerstörerischen Cop und dessen sprunghafte Launenwechsel. Weniger aufregend war hingegen Val Kilmer den man kaum wahrnimmt und dass die Mendes nicht gerade zu meinen Favoriten gehört dürfte auch schon längst bekannt sein.

Auch in musikalischer Hinsicht spielt Herzog seine Karten gekonnt aus. So wirkt es äußerst witzig wenn der finale Showdown zwar in purer Actionmanier samt Zeitlupeneffekt präsentiert aber gleichzeitig mit einem Mundharmonika-Stück erster Güte untermalt wird. Das Ganze erinnerte mich sehr an den verstörenden Schluss von Stroszek. Das Frühwerk teilt aber noch weitere Gemeinsamkeiten, so fällt vor allem auf dass in beiden Filmen der tragische Protagonist einen kläglichen Realitätsfluchtversuch anstrebt bei dem Suchtmittel und Prostitution eine zentrale Rolle spielen, bei Bad Lieutenant wird ja schließlich nach dem vermeintlichen Happyend ja doch noch eine ernüchternde Szene eingespielt. Außerdem handelt es sich bei beiden Werken um schwarzhumoristische Abgesänge auf den American Dream.

Insgesamt wird es aber wohl doch nicht ausreichen um sich bei den Topkinofilmen des laufenden Jahres einzureihen. Ein wohliger Überraschungserfolg, den man gesehen haben sollte ist der neueste Herzog-Film aber allemal.



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