Kick-Ass

Kick-Ass

(„Kick-Ass“ directed by Matthew Vaughn, 2010)

Mark Millar gilt als einer der erfolgreichsten Comicautoren unserer Zeit. Bei Kick-Ass, das er gemeinsam mit Starzeichner John Romita Jr. unter Marvels Imprint und Möchtegern Independenthaus Icon Comics realisierte, sprach man schon sehr früh von einer Leinwandadaption die dann sogar vor Abschluss des Comics bereits in Produktion ging. Geschickt wurde auf einschlägigen Comicmessen und natürlich im Internet eine große Werbekampagne angelegt die den immer noch andauernden Hype auslöste.

Vor etwa einem Monat habe auch ich begonnen Millars Miniserie zu lesen und war ein wenig enttäuscht. Die glorreichen Zeiten in denen der Schotte mit seinem politisch angehauchten Ultimates-Storyarc oder dem über Jahre sorgfältig geplanten Crossover Civil War überzeugte scheinen vorbei zu sein, nachdem dann auch noch die Verfilmung seines Wanted nach wiederholter Sichtung höchst lächerlich wirkte trat ich sehr skeptisch an den aktuellen Kinostreifen heran.

Dave Lizewski (Aaron Johnson) hat den Ruf eines Nerds und Losers. Wenn er nach der Schule nicht gerade mit seinen Freunden über Comics philosophiert wird er vermutlich von irgendwelchen Kleinkriminellen um Handy und Taschengeld erleichtert. Die einzige Superkraft die der pubertierende Comicfreak besitzt, so er selbst, ist für Mädchen so gut wie unsichtbar zu sein. Er wurde nicht von einer radioaktiven Spinne gebissen, hatte keine traumatische Kindheit und kommt auch nicht von einem weit entfernten Planeten. Dennoch verspürt Dave das dringende Bedürfnis seinen nächsten zu helfen und die Gesellschaft vor Schurken zu schützen, was in seinem Fall unweigerlich zu der Frage führt: warum liest und mag eigentlich (fast) jeder Superheldengeschichten streift sich aber nachts kein Kostüm über um das Verbrechen selbst zu bekämpfen?

Mit dieser Prämisse und da ihm sein grauenhaftes Leben sowieso als zu langweilig und durchschnittlich erscheint, beschließt er kurzerhand New Yorks erster echter Superheld zu werden, zumindest glaubt er dies. Das passende Outfit, ein grüngelber Tauchanzug, ist schnell per Internet bestellt und die ersten Trainingseinheiten auf den Dächern des Big Apple absolviert er auch relativ gut, die erste offizielle Verbrechensbekämpfung endet allerdings in ein Desaster: Dave wird brutal zusammengeschlagen, erstochen, überfahren und zu guter letzt nackt von einem Notarzt ins Krankenhaus gebracht.

Nachdem er wieder zusammengeflickt und auf den Beinen ist denkt er allerdings erst gar nicht daran das Kostüm an den Nagel zu hängen und gerät sogleich in die nächste Schlägerei bei der er diesmal, den vielen Metallimplantaten sei dank, aber die Oberhand behält. Während er das Opfer von drei Straßengangstern beschützt filmt ein Passant das Geschehen mit seinem Handy und stellt den Clip anschließend sofort ins Internet was ein gewaltiges öffentliches Interesse auf den neuen Helden mit Codenamen Kick-Ass lenken wird. Auch Damon Macready (Nicolas Cage) und seine elfjährige Tochter Mindy (Chloë Grace Moretz) werfen interessiert ein Auge auf den neuen Star, werden sie nachdem die Sonne untergeht doch selbst zu einem Batman & Robin-Verschnitt bekannt als Big Daddy und Hit-Girl.

Doch die Beliebtheit von Kick-Ass kennt natürlich auch seine Grenzen, so verbinden Mafiaboss Frank D’Amico (Mark Strong) und dessen Sohn Chris (Christopher Mintz-Plasse) die immer wieder stattfindenden Angriffe auf ihr Drogengeschäft sofort mit dem neuen Superhero… Millars Charaktere, die ein alteingesessenes Genre parodieren sollen, wirken zwar erfrischend die Story selbst weist allerdings so ihre Schwächen auf. So ergeht es Kick-Ass sehr ähnlich wie Wanted und endet als Aneinanderreihung von Mal mehr Mal weniger coolen Szenen bei denen man allerdings am Schluss nicht genau weiß was man davon halten soll. Gesellschaftliche Probleme denen niemand entgegensteht oder etwa die Web 2.0-Generation dessen Leben sich nur noch im Netz abspielt werden zwar offensichtlich angesprochen aber nicht zur Genüge verfolgt.

Größter Pluspunkt ist mit Sicherheit die ausgefallene Figur die Chloë Moretz spielen darf und die schon im Vorfeld für viel Diskussionsstoff sorgte. Das Mädchen metzelt und flucht sich durch die nicht ganz zwei Stunden Laufzeit und verdrängt im Film komplett die höchst langweiligen Auftritte von Kick-Ass. Von Nic Cage hatte ich mir nach Bad Lieutenant ehrlich gesagt wieder mehr erwartet, sein Big Daddy geht aber im Großen und Ganzen in Ordnung. In der deutschen Synchronisation verliert seine Darstellung aber meiner Meinung nach einiges an Humor. Szenen wie etwa die in der er seiner Tochter zum Geburtstag anstatt dem Barbiecamper zwei Butterflymesser schenkt, funktionieren aber auch in der Übersetzung hervorragend.

Kick-Ass ist beileibe kein schlechter Film, die kursierenden Lobgesänge sind aber maßlos übertrieben, schließlich fehlt es an allen Ecken und Enden an greifbaren Inhalt. Reduziert man Matthew Vaughns Adaption nämlich auf seinen Kern bleibt mehr oder minder nur ein Teeniefilm mit hohem Brutalitätspegel übrig.

Wie so oft gilt auch hier: was im Comic gut klappt muss nicht notwendigerweise als Film funktionieren. Wenn Millar seine Geschichte in acht Ausgaben à 22 Seiten erzählen konnte muss Vaughn irgendwie eine Spielfilmlaufzeit zusammenbringen. Was eine Bildergeschichte oft in wenigen Panels abwickelt muss der Regisseur meistens zur Gänze zeigen, ansonsten wirkt das Geschehen unnatürlich und abgehackt. So werden Actionszenen gerne in die Länge gezogen und mit „cool wirkenden“ Elemente verstehen.

Ob Mark Millar aus dem Comic mehr rausholen konnte kann ich nur mit Vorbehalt beurteilen, da mir noch die abschließenden Kapitel fehlen. Die ersten vier Ausgaben hat Vaughn jedenfalls recht vorlagengetreu wenn auch ausgeschmückt ins Kino gebracht. Wie schon gesagt, sein größtes Problem dürfte wohl die Überbrückung der Laufzeit gewesen sein, was sein Kick-Ass letztendlich leider nur zu kurzzeitlicher Unterhaltung verkommen lässt.



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Millars Charaktere, die ein alteingesessenes Genre parodieren sollen, wirken zwar erfrischend, die Story selbst weist allerdings so ihre Schwächen auf
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von 10