(„District 9“ directed by Neill Blomkamp, 2009)
Bei manchen Streifen ist man fast schon froh den Kinostart verpasst zu haben. District 9, das aus marketingtechnischen Gründen meistens in einem Satz mit Peter Jackson, der hier als Produzenten fungierte, erwähnt wird, ist nun wirklich kein schlechter Film, doch den Weg in meine Sammlung wird er wohl nicht finden.
Neill Blomkamp hatte bereits 2008, basierend auf den damaligen Unruhen in Südafrikas Townships, einen Kurzfilm über eine Alien Invasion gedreht, mit District 9 führte er diese Idee zu einem 112 minütigen Spielfilm weiter. Wenn es in der uns bekannten Realität um Pogrome gegen Ausländer seitens der einheimischen Slumbevölkerung ging, transportiert Blompkamp das Geschehen auf eine etwas andere Ebene und tauscht kurzerhand die Opfer mit Aliens aus. Glaubt man, seinem meistens im Dokumentarstil gehaltenen Film, so tauchte irgendwann in den 80er Jahren ein riesiges UFO über Johannesburg auf.
Nach wochenlangen Spekulationen wagte es die Menschheit das seit seiner Ankunft stillstehende Flugobjekt näher zu untersuchen und entdeckte darin fast eine Million halbverhungerter Außerirdischer. Die Idee, diese in einem abgesperrten und von der MNU, einer Sicherheitsfirma und Waffenhersteller, überwachten Gebiet in Johannesburgs Ghettos, genannt District 9, zu pferchen, findet eigentlich sofort Anklang. Nun zwanzig Jahre nach ihrer Ankunft haben sich die „Shrimps“, so die abwertende Bezeichnung für die Aliens seitens der Menschen, ordentlich vermehrt und werden bald die zwei Millionen-Grenze erreichen. Natürlich ein triftiger Grund für die MNU über einen Übersiedelung nachzudenken.
Da in den Townships allerdings sehr angespannte, soziale Probleme grassieren und grob gesagt lediglich das Gesetz der Straße herrscht, ist dieses Vorhaben leichter gesagt als getan. Wikus Van De Merwe (Sharlto Copley), Schreibtischhengst und Mitarbeiter der MNU, soll sich nun mit einer schwerbewaffneten Eskorte in den Höllenschlund wagen und die nötigen Unterschriften der Bewohner einholen damit die Umsiedelung auch rechtlich in Ordnung ist. Die Szenen, in denen nun De Merwe im Schutzpanzer durch die Slums fährt und sozusagen direkt an der Front arbeitet, fand ich die Besten des gesamten Streifens. Blomkamp macht hier das was gute Science Fiction eben macht: er hält uns einen Spiegel vors Gesicht und lässt uns unkommentiert darüber reflektieren.
Woran District 9 aber letztendlich scheitert, ist die Tatsache, dass man sich mit fortschreitender Laufzeit mehr und mehr rein auf die Action konzentriert. Dass De Merwe durch eine spezielle Flüssigkeit selbst zu einem Außerirdischen mutiert, ist eine gute Basis um die Perspektive zu wechseln, doch wird sie nicht konsequent genug genutzt wie ich finde. Zunächst verhält sich der Mann höchst egoistisch, da er sich durch eine Kooperation mit den Aliens die „Heilung“ erhofft, doch irgendwann verkommt er zum stereotypischen Helden der sogar Verständnis für die Shrimps aufbringt und mit ihnen Seite an Seite die böse Menschheit bekämpft. Das Ende lässt Blomkamp allerdings offen, was im Gegensatz dazu sehr gut gefällt und die Spekulationen über eine mögliche Fortsetzung anheizen.
Den mir gänzlich unbekannten Copley fand ich, zumindest in der deutschen Synchronisation, stellenweise unerträglich, was aufgrund seiner Filmfigur aber vor allem zu Beginn des Streifens sogar ein Lob ist. Am Anfang fand ich es durchaus toll, dass man versuchte den Streifen wie eine Dokumentation bzw. Amateur- oder Sicherheitsaufnahmen darzustellen, doch irgendwann beginnen die verwackelten Bilder der Handkamera zu nerven. Ganz im Gegenteil dazu, können aber die Alien auf ganzer Linie überzeugen. Die Computeranimationen sind dermaßen detailliert und dementsprechend bearbeitet, dass man glaubt es handle sich wirklich um Puppen oder Schauspielern aus Fleisch und Blut, die in verblüffend gut aussehenden Kostümen agieren.
Hätte man noch ein wenig mehr auf der Mikroebene experimentiert und somit die soziale Struktur in den Townships ausführlicher beleuchtet, wäre aus District 9 mit Sicherheit ein sehr guter Film geworden, so füllt er zwar auch einen Filmabend, ist allerdings schnell wieder vergessen.
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