De Profundis

De Profundis

(„De Profundis“ directed by Miguelanxo Prado, 2007)

Animation? Bildband? Comic? Gemälde? Zeichentrick? Modernes Märchen? Was genau ist De Profundis nun eigentlich genau? Der Trickfilm des mehrfach preisgekrönten Miguelanxo Prado lässt sich da nicht so ohne Weiteres einordnen. Der galizische Regisseur, Autor und Zeichner zählt unbestritten zu den herausragenden (europäischen) Comickünstlern. Mit Werken wie Manuel Montano, Die Endzeit der Delphine, Stratos, Kreidestriche oder Der alltägliche Wahn hat er sich in den unterschiedlichsten Genres bewiesen.

Bei Salleck Publications liegt der gebundene Bildband zu seinem beindruckenden 75-minütigen Trickfilm vor, dem der Film als DVD (Cameo Media) beiliegt. Das comicähnliche Buch enthält den erforderlichen Text für den musikalisch untermalten Stummfilm und entführt den Leser beziehungsweise den Zuschauer in eine mystisch-phantastische Unterwasserwelt. Die beiden Medien Buch und DVD können nicht voneinander getrennt beachtet werden, da der Text des Bildbands zur Ergänzung des preisgekrönten Animationsfilms dient. Zwar kann der Film alternativ jederzeit auch problemlos als musikalisch untermalter Stummfilm angeschaut werden – genauso wie der Bildband unabhängig vom Film gelesen werden kann –, jedoch eignet sich letztlich doch die Kombination beider Medien, wobei die Bilder des Buches deutlich hinter der Qualität und Ausdrucksstärke der animierten Bilder zurückliegen.

Das Märchen beginnt an einem Haus mitten im Meer. Das Haus hatte nach Westen einen Turm und eine Treppe, die sich im Wasser verlor sowie im Osten einen Baum, der zwischen März und April blühte. Hier lebten verliebt eine Frau, die Cello spielte, und ein Maler, der fasziniert war vom Meer, von den Geheimnissen, die in seinen Tiefen verborgen waren, von den wunderbaren Wesen, die es in seiner Vorstellung bevölkerten und von den Küsten ferner Länder.

Der Titel geht auf den Beginn des 130. Psalms im lateinischen Text zurück. (Deutsch: „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu Dir“. Er wird ebenfalls als „Der sechste Bußpsalm“ tituliert und ist das tradierte Totengebet in der katholischen Kirche. De Profundis ist eine Geschichte, die zunächst auf einer Gemälde-Serie des Künstlers aufbaut. Auf der Basis des grafischen Materials verfasste Prado einen Text und entwickelte schlussendlich einen Animationsfilm.

Auf den ersten Blick ist es augenscheinlich, dass der Grafik des Films ursprünglich Kunstgemälden zugrunde lagen, weil die künstlerisch anspruchs- und phantasievolle Zeichen- und Kolorierungstechnik mehr der Bildsprache der Malerei als der des Comics oder Zeichentrickfilms entlehnt zu sein scheint. Prado-Fans indessen dürften wenig überrascht sein über die farbenfrohen Bilder außer, von einem einzigen Unterschied abgesehen natürlich: diesmal bewegen sie sich.

Die ursprünglichen Gemälde bewegen sich in traumwandlerischer und hypnotischer Geschwindigkeit voran. Bewegungen sind dabei auf das äußerste reduziert. Insgesamt stellt sich dadurch eine traumhafte und poetische Atmosphäre ein. Als traumhaft und poetisch kann auch die klassische Filmmusik von Nani García umschrieben werden. Die filigrane und stets atmosphärisch dichte symphonische Komposition wurde unter der Leitung von Rubén Gimeno durch das Symphonieorchester von Galizien interpretiert.

De Profundis ist eine phantastische All Ages-Story und vor allem experimentierfreudigen oder neugierigen Zuschauern zu empfehlen. Wer sich in diesem Block auch durch innovativ animierte Filme wie Waking Life oder Waltz wit Bashir ästhetisch angesprochen fühlte, wird mit dem in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlichen Film, dessen Konsum allein schon ein Experiment ist, sicherlich etwas anfangen können.



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