(„Precious“ directed by Lee Daniels, 2009)
Gewinner von zwei Oscars, produziert von Oprah Winfrey, mit Lenny Kravitz und Mariah Carey. Das sind die Eckdaten die sehr gerne im Zusammenhang mit Precious – Das Leben ist kostbar genannt werden und die Covers der vor kurzem erschienenen DVD schmücken. Dabei hat der Film so viel mehr zu bieten als diese werbeffektiven Statussymbole.
Im laufenden Kinojahr ging mit Blind Side bereits ein Film der Frage nach gesellschaftlicher Integration nach und wurde dabei mancherorts sogar als latent rassistisch bezeichnet oder als republikanisches Propagandagesülze abgetan. Obwohl ich in meiner eigenen Besprechung dies keineswegs so streng sehe, muss gesagt werden dass Precious in dieser Hinsicht doch viel konsequenter, aber vor allem nennenswerter ist. Er versteht sich keineswegs als Unterhaltung so wie der Streifen mit Sandra Bullock, sondern möchte ganz punktiert und mit traurigen aber wahren Bildern ein Milieu wiedergeben.
Die Newcomerin Gabourey Sidibe schlüpft in der zweiten Regiearbeit von Lee Daniels in die Haut von Claireece Jones, einer übergewichtigen und naiven Analphabetin, die gerade eben von der Schule suspendiert wurde da sie im zarten Alter von 16 bereits ihr zweites Kind erwartet. Das Drama gewinnt an Tragweite als man erfährt dass beide Kinder von ihrem eigenen Vater stammen der sie regelmäßig vergewaltigt und ihr dabei verspricht er würde sie irgendwann heiraten.
Bei ihrer Mutter Mary (Mo’Nique) führt diese perverse Beziehung zunächst zu Eifersucht die schließlich abscheulichem Hass weicht. Es sind vor allem die Szenen in der Mary ihre Precious, so der Spitznamen den sie einst Claireece gab, beschimpft und demütigt, die die Intensität dieses Films am Besten widerspiegeln. In diesen Momenten sucht Precious Schutz und Geborgenheit in ihrer Phantasierwelt die aus Glanz und Glamour besteht und sie als großen Star im Mittelpunkt sieht und genau hier gefiel mir der Streifen am wenigsten. Anstatt gnadenlos den Zuschauer dem unguten Gefühl auszusetzen werden viele Szenen durch diese bunte Glitzerwelt geradezu zerstört.
Dass Precious kein Einzelfall ist zeigen übrigens die teilweise äußerst skurrilen Klassenkameradinnen bei Each One Teach One, ein Projekt das von Ms. Rain (Paula Patton) geleitet wird und Mädchen wie Claireece abseits der regulären Schule dank alternativer Lernprogramme weiterhelfen soll. Relativ schwach fand ich hingegen den Part von Mariah Carey, die als Sozialarbeiterin nicht glaubwürdig genug wirkt. Auch Kravitz wirkt als Krankenschwester irgendwie fehl am Platz. Letzten Endes waren die beiden wohl nur hochkarätige Zugpferde für die Marketingabteilung. Damit soll jetzt aber die Qualität des restlichen Werks keineswegs geschmälert werden.
Precious bleibt trotz einiger Durchhänger nämlich trotzdem ein beeindruckender Film und obwohl der Plot in den späten Achtzigern verankert ist, verliert er absolut nicht an Aktualität. Bei der Story (Geoffrey Fletcher) bediente man sich übrigens des Romans Push (1996) der US-Autorin Sapphire die hier übrigens auch einen Cameo-Auftritt hinlegt und natürlich auch bei den Extras auf der DVDs nicht fehlen darf. Die Ausstattung der limitierten Gold Edition im Pappschuber beinhaltet insgesamt 50 Minuten Bonusmaterial und bringt Precious in bester Bild- und Tonqualität auf den heimischen Schirm.
Auch wenn ich den Kinobesuch verpasst habe und es jetzt aufgrund des hochverdienten Erfolgs wohl kaum mehr jemanden überraschen wird, verspüre ich das Bedürfnis den Film den Nichtkennern wärmstens weiter zu empfehlen. Für mich ganz klar eines der Highlights dieses Jahres!
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