(„The Young Victoria“ directed by Jean-Marc Vallée, 2010)
Niemand Geringeres als der Filmemacher Martin Scorsese hat Young Victoria produziert. Der biographische Historienfilm des Regisseurs Jean-Marc Vallée (C.R.A.Z.Y) greift mit der Jugend der ehemaligen britischen Königin einen alles entscheidenden Abschnitt ihres Lebens heraus. Auf Grundlage des Drehbuchs von Julian Fellowes (Gosford Park) ist ein durchaus kurzweiliger und sehenswerter Biopic entstanden, der versucht konservative mit modernen Filmelementen zu verbinden.
Victoria (Emily Blunt) wächst in den 1820er Jahren abseits des königlichen Hofes bei ihrer Mutter, der Herzogin von Kent (Miranda Richardson), und deren engem Vertrauten Sir John Conroy (Mark Strong), dem Nachlassverwalter ihres früh verstorbenen Vaters, im Kensington Palace auf. Als Victoria im Alter von 18 Jahren Königin von England wird, übernimmt sie die Regierungsverantwortung inmitten großer politischer Konflikte. Die lebensfrohe und sture junge Frau muss schnell lernen, sich in ihrer neuen Rolle zu behaupten. In dieser Zeit kommt Prinz Albert von Sachsen-Coburg (Rupert Friend) nach London. Er soll nach dem Willen des Königs von Belgien (Thomas Kretschmann) den Einfluss des Hauses Coburg auf das englische Königshaus stärken und dafür das Herz der jungen Königin erobern.
Young Victoria ist neben der Biografie vor allem anderen eine Romanze. Andere Genres wie Entwicklungs-, Beziehungs- und ein Geschichtsfilm werden zwar auch aufgegriffen, jedoch geschieht das insgesamt eher nominell. Vallée inszeniert den Film mit auf der einen Seite mit historischer Genauigkeit – wofür sein Film mit dem Oscar für Bestes Kostüm ausgezeichnet wurde – und akzentuierten cineastischen Stilmitteln – bemerkenswert die Kamera (Hagen Bogdanski), die das Spiel des Schärfewechsels bis zur Perfektion ausreizt.
Leider vollzieht sich das Ganze jedoch mit dem üblichen Pathos und der Romanze, so dass vielmehr ein Liebesfilm vor einer historischen Kulisse abgedreht wird. Zwar halten sich Pathos und Romanze im Vergleich zu anderen Filmen relativ in Grenzen, aber neben der Beziehung von Albert und Victoria werden die politischen Ränkespiele und die charakterliche Entwicklung Victorias leider nur angedeutet. Sie wenigen symbolhaltigen Elemente des Stoffes – Prinz und Königin als Marionetten oder Schachfiguren – werden dem allerletzten Zuschauer durch die Dialoge beim Schachspiel und alles erläuternden Voice Overs vorgekaut.
Die Hauptdarstellerin Blunt (The Wolfman) verleiht ihrer darzustellender Figur durchaus viel Lebendigkeit, indem sie die junge Königin mal als stures und dann als stürmisches Oberhaupt darstellt und auch Friend (Stolz und Vorurteil) kann seine Rolle als logisch denkender Prinz überzeugend ausfüllen, wobei seine zurückhaltende Blässe gewollt beziehungsweise gekonnt erscheint. Die Filmmusik (Ilan Eshkeri) plätschert weitestgehend passenderweise klassisch, manchmal aber auch rührend vor sich hin. Nachdem nach 104 Minuten Spielzeit einer der ersten Höhepunkte aus Königin Victorias Leben erreicht ist, ist man weitestgehend unterhalten und informiert worden.
Sound, Musik und Bild der DVD sind qualitativ einwandfrei, das heißt klar und scharf. Das gedimmte Kerzenlicht wird dabei authentisch nachgeahmt. Beim Bonusmaterial wurde ebenfalls nicht gegeizt: Neben dem obligatorischen Making Of gibt es auch fünf weitere wirklich interessante Featurettes zum historischen Hintergrund (zum Beispiel über Königin Victoria, die Krönung oder die Hochzeit) sowie entfallene und erweiterte Szenen, die beispielsweise einen Aspekt von Victorias Charakter unterstreichen.
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