Die Welt in 10 Millionen Jahren

Die Welt in 10 Millionen Jahren: Wizards

(„Wizards“ directed by Ralph Bakshi, 1977)

Animation? Zeichentrick? Comic? Collage? So leicht lässt sich Die Welt in 10 Millionen Jahren: Wizards nicht einordnen. Noch vor Der Herr der Ringe (1978) und Feuer und Eis (1983) hat Kultregisseur Ralph Bakshi seine legendäre Fantasy-Animation (1977) mit den Originalstimmen von Mark Hamill, Bob Holt, David Proval und vielen anderen gedreht. Der erste Teil seiner Fantasy-Trilogie ist nun endlich auf DVD und Blu-Ray bei Koch Media erschienen. Es handelt sich dabei um eine (DVD-)Erstveröffentlichung in digital restaurierter Fassung mit umfangreichem Bonusmaterial.

Nur eine Handvoll Menschen überlebten den nuklearen Holocaust und die Erde ist bevölkert von Mutanten, Feen, Elfen und Zwergen. Zwei Zauberwesen haben das Land unter sich aufgeteilt – der gute Zauberer Avatar aus Montagar und Blackwolf, der das Land Scortch beherrscht und der mit der Macht der Technologie Tod und Zerstörung über die Erde bringen will. Um die Welt zu retten, müssen sich Avatar und seine Gefährten, die Fee Elinore, der Roboter Frieden und der Elb Weehawk, in das düstere Terrorreich Scortch begeben und versuchen, Blackwolfs Pläne zu durchkreuzen.

Mit Wizards hat Bakshi einen experimentierfreudigen und subversiven Animationsfilm gedreht, der als Anti-Version zu den Disney-Produktionen eingestuft werden kann und zwischen Fantasy und Science Fiction anzusiedeln ist. Denn Flüche, Zynismus und subtile Sozialkritik findet man in den harmlosen Disney-Trickfilmen weniger. Elemente des Comics, Zeichentrickfilm und verfremdete Realfilmausschnitte – durch die sogenannte Rotoskopietechnik werden Realfilmsequenzen koloriert – werden zu einer künstlerisch experimentellen Collage verwoben. Das Ergebnis sieht aus, als hätte man Der Herr Ringe auf LSD gedreht oder angesehen. Es ist schlichtweg beeindruckend, wie man seine Kreativität als Animationskünstler noch ohne Computer ausdrücken konnte.

Um Wizards richtig einordnen zu können muss man den geschichtlichen Rahmen berücksichtigen. Die Fantasy-Trilogie entstand zu einer Zeit als sich in Amerika die Bürgerrechtsbewegung auf ihrem Gipfel befand und die subversiven Undergroundcomix beliebt wurden. Eine politisch zugespitzte Zeit also. So ist es besser zu verstehen, dass der Regisseur auf NS-Symbolik wie dem Hakenkreuz zurückgreift. Der Subtext des Films zielt darauf ab, dass die eigentliche Waffe der Kriegstreiber die Propaganda ist. Deswegen kann sich der Bösewicht Blackwolf auch nur durch einen Filmapparat, der Szenen aus dem Zweiten Weltkrieg und dem NS-Regime abspielt, einen Vorteil gegenüber den mutigeren Zwergen und Elfen verschaffen.

Natürlich geht es auch wieder um die unvermeidliche Konfrontation von Gut und Böse oder Technik gegen Natur. Aber bei Bakshi hält sich das in den fast 80 Minuten durch einen Spagat von Hommage und Persiflage auf das Fantasy-Genre angenehmerweise sehr in Grenzen. Mit Wizards hat sich Bakshi zwar von seinen bis dato urbanen und autobiographischen Produktionen (Fritz the Cat, Heavy Traffic, Hey Good Lookin‘, Coonskin) verabschiedet, jedoch tauchen auch in Wizards erneut urbane Elemente wie Prostitution auf.

Die musikalischen Untermalungen von Andrew Belling vereinen ebenfalls verschiedene Stile zu einer interessanten Collage. Neben Jazz Grooves und Panflötenklängen dominieren vor allem die typischen Elektro-Synthesizer-Sounds aus jener Zeit. Bild und Ton der DVD sind in Ordnung. Als Extras sind neben einem Booklet diverse Trailer, der obligatorische Audiokommentar, ein sehr interessantes ca. 32 minütiges Featurette über den Filmemacher sowie eine sehenswerte Bildergalerie mit Originalzeichnungen und seltenem Werbematerial enthalten.



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