Greenberg

Greenberg

(„Greenberg“ directed by Noah Baumbach, 2010)

Manchmal da gibt es Filme deren Inhalt bereits der vorangegangene Trailer fast gänzlich wiedergibt und den Konsumenten im Irrglauben lässt, das Endprodukt sei ähnlich pointiert wie die Vorschau dazu. Greenberg ist flüchtig betrachtet genau so ein Streifen, denn in den knapp 100 Minuten passiert handlungstechnisch nicht gerade viel und lustige Gags sind leider nur sehr spärlich gesät.
Wenn man dagegen aber festhält, dass uns Drehbuchautor und Regisseur Noah Baumbach, der mir erst vor kurzem als Co-Autor beim fantastischen Mr. Fox begegnet ist, in erster Linie seine Hauptfigur näher bringen möchte, gewinnt der Film deutlich an Tragweite. Mit Ben Stiller wurde auch ein namhafter Hauptdarsteller gefunden, dessen Mimik und Gestik hervorragend zu Roger Greenberg passt.

Der Ex-Musiker Greenberg ist mittlerweile über 40 und seit einem gescheiterten Plattenvertrag in New York wohnhaft. Als sein Bruder samt Familie für mehrere Monate geschäftlich nach Vietnam reist, soll Roger auf ihr riesiges Haus in Los Angeles aufpassen.
Schnell macht er dort die Bekanntschaft der deutlich jüngeren Haushaltshilfe Florence (Greta Gerwig), doch wer nun glaubt die übliche Schnulze serviert zu bekommen irrt gewaltig. Genau wie Greenberg ist Florence der Typ von Mensch der in unseren leistungsorientierten Gesellschaft sehr gerne und sehr schnell als Loser abgestempelt wird. Während nun der neurotische Greenberg nach seinem Psychiatrieaufenthalt erstmal einfach „Nichts“ machen möchte, scheint Florence fast zwanghaft auf der Suche nach einer festen Beziehung zu sein.

Greenberg versucht nun aber wie gesagt keine Lovestory im klassischen Sinne zu erzählen sondern vielmehr Stillers Figur be- und durchleuchten, auch wenn letzteres nicht ganz gelingt. Die gezeigten Kommunikationsprobleme oder vielmehr die Komplexität diversester zwischenmenschlicher Beziehungen, die unweigerlich zu komischen Situationen führen, sind zwar oft überzogen, haben aber meistens einen wahren Kern, was den Film äußerst sympathisch macht.

Loser scheinen mehr als je zuvor eine beliebte Figur im Kino zu sein. Sei es nun ein pubertierender Wannabe-Hero, ein naiver Mittvierziger in der Midlife-Crisis oder eben Woody Allens Altherrenphantasien. Roger Greenberg beschreitet hier nur denselben Weg wenn er zum Beispiel immer noch seiner Jugendliebe Beth (Jennifer Jason Leigh, die hier übrigens auch als Produzentin und Co-Autorin auftritt) nachtrauert, währenddessen aber wilde Drogenparties mit Zwanzigjährigen in der Villa seines Bruders schmeißt, oder seinem Freund und ehemaligen Gitarristen der Band, Ivan Schrank (Rhys Ifans), die Eherettungsversuche auszureden versucht, denn schließlich gäbe man dadurch nur seine eigene Freiheit auf. Wenn Greenberg mal nicht gerade im Selbstmitleid versinkt, schreibt er skurrile Briefe an irgendwelche Firmen die gegen irgendwelche Vorschfiten oder ungeschrieben Gesetzte verstoßen. Sein Intellekt lässt ihn zuweilen überheblich aber zugleich äußerst verletzlich und sensibel wirken, ein Charakterzug der vor allem für Florence äußert anziehend aber zugleich auch sehr verschreckend wirkt.

Im Grunde handelt es sich also um ein Drama, das allerdings die meisten Szenen augenzwinkernd auflockert und seine Zuschauer an einigen Stellen wirklich herzhaft zum Lachen bringt. Dies ist vor allem dem guten Zusammenspiel von Stiller und Gerwig zu verdanken, was in der deutschen Synchronisation allerdings durch die grauenhafte weibliche Stimme etwas gedämpft wird.

Die weitere Ausstattung der bald erscheinenden DVD ist übrigens mit herkömmlichen Dreingaben wie Making Of, Interviews und ein paar kleineren Featurettes ausgestattet, die den Film kaum bereichern. Bild und Ton sind vollkommen in Ordnung, toll auch dass man an ein Wendecover gedacht hat.

Trotz des sehr zähen Erzählrythmus hat Greenberg das gewisse Etwas das ihn durchaus sehenswert macht. Alleine schon die Tatsache, dass sich viele sicherlich in mindestens einem der verschiedenen Charaktere wiederkennen werden und sich am Ende die Frage stellen ob man nicht selbst vielleicht einiges ändern, einsehen oder einfach nur lassen sollte, hegt einen gewissen Reiz und tröstet über die vermeintliche Inhalt- und Tempolosigkeit hinweg.

Greenberg erscheint am 14. Oktober auf Blu Ray und DVD



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