Kick-Off

Kick-Off

(„Kick-off“ directed by Hüseyin Tabak, 2010)

Während die halbe Welt voller Vorfreude auf das Vuvuzela-Getön der nun vergangenen FIFA Fußballweltmeisterschaft wartete, brachte der türkisch-österreichische Hüseyin Tabak eine bemerkenswerte Dokumentation in die Kinos. Unterstützt von der hiesigen Caritas (dessen österreichische Kollegen übrigens am Film selbst beteiligt waren), wurde Kick-Off jetzt noch einmal im Lichtspielhaus gezeigt.

Ich hatte keinen blassen Schimmer, dass es so etwas wie den Homeless World Cup überhaupt gibt. Im Gegensatz zur allseits bekannten Fußball WM stehen hier allerdings keine Stars oder Supertalente in einer Reihe um den Nationalhymnen zu lauschen, sondern die wohl wichtigste Teilnahmebedingung für das Turnier ist, dass man homeless war oder ist.
Die Idee ist im Grunde recht simpel: obdachlosen Menschen ohne Perspektive und ohne Antrieb soll durch das Erhalten einer Aufgabe eine Chance gegeben werden um das oft verlorene Selbstvertrauen wiederzuerlangen. Die kleine Auswahl die letztendlich auf einem speziellen Kleinfeld spielen darf wird in der vorhergehenden Vorbereitungsphase herausgefiltert, alleine schon dieser knallharte Wettbewerb soll den Menschen zeigen, dass ihnen „da draußen“ nichts geschenkt wird. In Österreich bleiben von den weit über 200 Bewerbern nicht einmal ein Dutzend übrig.

Der Film konzentriert sich nun allerdings nur auf die Männer die es 2008 geschafft haben unter Führung des Ex-Fußballers und hier Teamchef Gilbert Prilasnig nach Melbourne zur WM zu fliegen. Die meist wenigen und schwammigen Hintergrundinfos ihrer eigentlich misslichen Lage werden von den Betroffenen selbst erzählt. Allen voran ist es Orhan Yildirim der äußerst charismatisch seine Gedanken und Träume offenbart. Er scheint die Obdachlosigkeit, überwunden zu haben die primär durch massiven Drogenmissbrauch zu Stande kam und wirkt nun sehr fit und voller Saft.

Der eigentliche Star der Mannschaft ist aber Serkan Yavuz. Auch er scheint eine turbulente Vergangenheit zu haben, ist weniger offen wie Orhan und hält sich bei den Gesprächen auch lieber zurück. Durch sein Vorstrafenregister bleibt ihm fast die Einreisegenehmigung nach Australien verwehrt, doch in letzter Minute wurde doch noch alles geklärt. Neben den Kollegen mit offensichtlichen Migrationshintergrund gibt es dann noch den waschechten Wiener Johann „Hansi“ Kovacs. Ständig eine Zigarette haltend erzählt der 41 Jährige wie sehr ihm dieses Unterfangen verändert habe, früher habe er sich quasi zu Tode gesoffen, heute habe er erkannt, dass seine Tochter wichtiger ist.

Dies alles ist aber nicht der zentrale Punkt der Doku, vielmehr verfolgt die Kamera das Team auf ihrem Trip nach Down Under und hält neben den ihnen widerfahrenen Emotionen eben auch sehr interessante Aussagen und Erzählungen fest. So paradox es klingen mag, eine der ersten Lektionen die das Team lernen muss ist es verlieren zu lernen. Im Schlussdrittel wechselt der Film dann deutlich Rhythmus und zeigt uns einen Zusammenschnitt der sportlichen Leistungen, was sehr unterhaltsam und sogar spannend umgesetzt wurde. Während man so Serkan & Co zusieht vergisst man sehr schnell wie tief diese Männer einst standen und wo sie sich heute befinden, eine Tatsache die den Protagonisten am Ende selbst noch einmal so richtig klar wird.

Die 90 Minuten Spielzeit vergehen hier wie im Nu. Die Dokumentation will dabei weder schockieren noch belehren, sondern einfach nur aufmerksam machen und wohl auch motivieren. Schade nur, dass er letztere Zielgruppe nicht so wirklich erreichen wird, denn welcher Obdachloser hat schon Geld für ein Ticket fürs Programmkino übrig?



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