(„The Social Network“ directed by David Fincher, 2010)
Mit The Social Network hat sich Mastermind David Fincher endgültig einen Platz als Kult-Regisseur gebaut. In 121 Minuten führt der Stimmungskünstler ein wahres Meisterwerk an Gesellschaftskritik vor Augen und bleibt dabei auch noch sexy.
Ich würde dem Drama über den jüngsten Self-Made-Millionär Mark Zuckerberg zwar nicht so viel Punkte geben wie dem Gusto-Stück Fight Club aber der Film hebt sich dennoch so weit von dem Schrott ab den uns Hollywood im Durchschnitt liefert, dass man ihn in die Liga „Filme die die Welt verändern“ einreihen kann.
Warum ich meine Rezension mit einer total subjektiven Lobhudelei anfange werde ich gleich erläutern. Vorher aber, möchte ich klarstellen, was meine „Besprechung“ nicht ist: Es ist keine Jammerei über die mögliche Detailuntreue des Films. Es ist auch keine sonstig geartete Sezierung des Plots, stilistischer Elemente oder der Schauspielerei. Nein, ich habe nichts anderes vor als Fincher für seine außerordentliche Leistung in den Filmhimmel zu loben. Denn, egal ob Zuckerberg „realistisch“ dargestellt wurde oder nicht, oder ob es den dargestellten Ereignissen an Historizität mangelt, ist The Social Network ein absoluter Schlag in die Fresse von Facebook und allen die daran (freiwillig oder unfreiwillig) mitgearbeitet haben. Und zwar mehr als eine investigative Doku je sein könnte.
Die Internetfirma, die (vor allem mit der Einführung des „I Like“-Buttons), eine absolute marktwirtschaftliche Bombe geschaffen hat, war sich der Wirkung des Films natürlich bewusst, und hat ihn deshalb durch ein geschicktes PR-Manöver einerseits geächtet andererseits als harmlose Parodie hingestellt. Ganz böse können Zuckerberg & Co. dem Regisseur nicht sein, denn trotz der offensichtlichen Missgunst, die Fincher dem Unternehmen entgegen bringt, stellt sie die Gründung und den schnellen Erfolg von Facebook dennoch als ein ökonomisches Wunder dar.
Ich selbst konnte an einigen Stellen des Films auch kaum meine Begeisterung über die Glücksritter verbergen. Vor allem wenn das Genie Zuckerberg in juristischen Debatten eine zynische Meldung nach der anderen abgibt und dazwischen hauptsächlich durch geistige Abwesenheit und Genervtheit glänzt, kam mir der ein oder andere Grinser aus.
Doch alles in allem steigt keiner der Darsteller gut aus. Zuckerberg steht am Ende für den Web 2.0-Prototyp: Viele virtuelle Freunde und hysterische Bewunderer, im real life aber einsam und unverstanden. Der Programmierer arbeitet Tag und Nacht bis zur völligen Erschöpfung um sein Masterpiece zu erschaffen und und ist deshalb sicher eine Ausnahmeerscheinung. Gnadenlos zeigt Fincher dennoch was „Social Media“ im Kern ist: Ein gepimptes und getuntes Abbild der postmodernen und individualfaschistischen Lifestilegesellschaft. Der beste Selbstdarsteller und „Wer will mich“-Kandidat den höchsten Score an „Freunden“.
Egal wie kaputt der Mensch hinter der Maske ist: Was zählt ist, dass man viel „networked“ und kontinuierlich an seinem Image bastelt. Für Ehrlichkeit und andere Werte bleibt da kaum Platz. Kein Wunder, dass mehr als die Hälfte der Facebook-User zugeben, dass ihnen sie das zumindest eine peinliche Aktion in ihrem Web 2.0 Leben bereuen. Dabei bin ich davon überzeugt, dass weder die Teilnehmer des größten Seelenstriptease aller Zeiten, noch der Staat noch die Wirtschaft völlig begriffen haben, welche gigantische Ausmaße, das Datenparadies Facebook wirklich hat. Das wird die Zukunft zeigen.
Marketingabteilungen von Großkonzernen, führende Werbeagenturen und zahllose Markt- und Meinungsforschungsinstitute arbeiten zwar schon fieberhaft an der optimalen Auswertung der Daten, dennoch ist der Höhepunkt glaube ich noch nicht erreicht: Das “profile“ des gläsernen Konsumenten/Bürger/Angestellten, dass am (Schwarz-)markt zu sensationellen Preisen gehandelt wird. Freiwillig offenbart durch Millionen von Menschen die jedem zeigen möchten wen („Friends“) und was („I like“) sie mögen und auf welcher Website sie am liebsten ihre Zeit verbringen.
Ich kann The Social Network uneingeschränkt empfehlen. Seht euch den Film an, so lange er noch im Kino ist. Die unheilschwangere Atmosphäre, erzeugt durch die wummernden Bässe und die düsteren Bilder, sind von zu Hause aus kaum nachzuvollziehen. Trent Reznor und Atticus Ross haben mit dem Soundtrack ganze Arbeit geleistet (und den Oscar vedient bekommen).
Zum Schluss möchte ich noch auf eine besondere Seite aufmerksam machen.
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