Cracks

Cracks

(„Cracks“, directed by Jordan Scott, 2009)

Nähme sich die „Goldene Himbeere“ (Razzie Award), der amerikanische Filmpreis für die schlechtesten Leistungen in der Filmbranche des jeweiligen Jahres wirklich ernst, so käme man wohl nicht umhin, Eva Green für ihre Darstellung der emanzipierten Lehrerin zumindest zu nominieren. Ihr Porträt der Miss G-Punkt, wie sie von ihren Schülerinnen genannt wird, wird für den Zuschauer zu einer fast qualvollen Erfahrung, derart aufgesetzt, abgelesen und auswendig gelernt wirkt die hier sehr hölzerne Green, die zeitweise krampfhaft versucht, die verruchte und undurchsichtige Frauenfigur a la Bette Davis zu mimen. Abgesehen davon ist das Filmdebüt von Ridley Scotts Tochter Jordan auch eher darum bemüht, schön auszusehen, als inhaltlich zu überzeugen. Eine Eigenschaft, die sie von ihrem Vater und ihrem Onkel Tony Scott übernommen zu haben scheint.

Eva Green unterrichtet in einem Mädcheninternat in England, 1934. Sie ist die Turnlehrerin, die eine kleine Gruppe im Film dargestellter Mädchen vorzugsweise im Schwimmen (auch gerne nackt mitten in der Nacht) unterrichtet, ihnen anzügliche Literatur zu lesen gibt, welche den Mädchen schmutzige Gedanken bereitet und erfundene Geschichten von weiten Reisen zum Besten gibt. Die Mädchen fühlen sich bei Miss G-Punkt, ihrem großen Vorbild, sehr wohl, bis ein Neuzugang im Internat eintrifft, in Form der aristokratischen Fiamma (Maria Valverde) aus Spanien. Diese beeindruckt Miss G. schnell durch ihr Schwimmtalent und wird zum Liebling der emanzipierten Lehrerin, was den anderen Mädchen alles andere als gefällt. Sie versuchen, Fiamma loszuwerden, während die Zuneigung der Lehrerin zur neuen Schülerin zur Obsession wird.

Cracks ist eine weitere Geschichte über eine Lehrkraft mit unkonventionellen Methoden, die an einer Schule für Aufsehen erregt, Schüler für sich begeistert, aber den Argwohn der Schulleitung auf sich zieht. Club der toten Dichter für Mädchen. Doch das ist nicht das Problem des Films. Die große Schwäche liegt in der Figur der Lehrerin selbst, die derart überzogen und übertrieben feministisch dargestellt wurde, dass sie zu keinem Zeitpunkt glaubwürdig erscheint. Man stelle sich eine weibliche Lehrerin in den 30er Jahren in England vor, welche vor ihren Schülerinnen in ihrem Zimmer Kette raucht, enge weiße Hosen trägt, gegen die Leitung des Internats rebelliert, indem sie die Angestellten beschimpft sowie Mitternachtsgelage in den Zimmern der Mädchen toleriert und unterstützt.

Man bemüht sich, dem Charakter mehr Tiefe zu verleihen, indem man einen psychologischen Aspekt anreißt und Eva Green in einer Szene zeigt, wie sie in einer Stadt Backwaren kaufen will, aber überfordert mit den Menschen außerhalb des Internats ist. Sie ist lebensunfähig, gibt sich als Lehrerin aber stark, feministisch, und stürmisch. Eine weitere Schwäche ist, dass das einseitige Verhältnis zu Fiamma, die sich lesbischen Andeutungen und Taten der Lehrerin ausgesetzt sieht, nie zu erklären versucht wird. Was der Zuschauer anhand von einzelnen Szenen und Andeutungen herausfinden kann, ist lediglich, dass der Grund in der Psyche der Lehrerin liegt (wo auch sonst), in alten Erinnerungen und Gemeinsamkeiten, die sie mit Fiamma hat. Maria Valverde als Fiamma stiehlt Green zudem jede Szene und liefert eine erstklassige, verführerische und unwiderstehliche Darstellung als verwöhnte Aristokratin ab. Der positivste Aspekt des Films ist die Kameraarbeit, die einige sehr schöne Bilder zu bieten hat, so etwa das mitternächtliche Schwimmen im See mit Unterwasserbildern und einbrechendem Mondlicht.

Trotz der Unterhaltsamkeit des Films, kann Cracks nicht empfohlen werden. Die Figur der Lehrerin ist überzogen, unglaubwürdig, schlecht gespielt, die Behandlung der Charaktere zu oberflächlich, das Ende durch die aufgesetzte Dramatik fast albern und klischeehaft. Trotzdem bleibt ein immerhin schön anzusehender Film mit einer interessanten Grundidee sowie sehr guten heranwachsenden Darstellerinnen, die viel Vergnügen bereiten.



(Anzeige)

5
von 10