(„La Piscine“, Jacques Deray, 1969)
Der Swimmingpool war einer jener Filme, in denen Romy Schneider sich als „Femme Fatale“ von ihrer Sissi-Verkörperung zu lösen versuchte, indem sie nach Frankreich auswanderte und zweifelhafte, verruchte Frauen verkörperte, die ihre weiblichen deutschen Fans, welche sie als österreichische Kaiserin lieben gelernt hatten, zeitweise schockierten. Bis 1964 war sie mit Alain Delon verlobt, mit dem sie nun – fünf Jahre später – in diesem erotischen Psychogramm ein Liebespaar spielte, welches sich auf Einladung von verreisten Freunden in deren Villa in St. Tropez vergnügen.
Mit der Idylle ist es bald vorbei, als sich Mariannes (Schneider) ehemaliger Geliebter Harry (Maurice Ronet) für einen Besuch ankündigt. Dieser hat seine 18jährige Tochter Penelope (Jane Birkin) mitgebracht, der er den Süden zeigen will. Marianne bietet den Beiden an, für einige Tage bei ihnen zu bleiben, sehr zum Missfallen Jean-Pauls (Delon). Aus dieser Konstellation heraus entwickelt sich bald eine Vierecksgeschichte, denn Harry fühlt sich noch immer zu Marianne hingezogen. Seinen Anbändlungen kann Jean-Paul scheinbar nur tatenlos zusehen, bis Harry schließlich den Bogen überspannt und der gehörnte Lebensgefährte Mariannes Penelope verführt, was ihr Vater bald merkt. Unausweichlich kommt es zur Katastrophe.
Der Plot allein bietet viel Raum für erotische Darstellungen und Jacques Deray ist sich der Reize seiner Darsteller durchaus bewusst und lichtet jeden Millimeter von Delons und Schneiders Körper ab, wie ein Voyeur beobachtet er sie sich lasziv küssend am Beckenrand. Doch es wird auch schnell deutlich, dass die Beziehung zwischen den Beiden nur auf sexueller Ebene zu funktionieren scheint. Verfolgen sie keine sexuellen Absichten, so entwickelt sich eine große Distanz, eine emotionale Kälte, die in bösen Blicken und Fluchen mündet. Über mehr als 60 Minuten lang wohnt der Zuschauer einer Urlaubsgruppe bei, in der sich langsam aber stetig Rivalitäten entwickeln, die zu nichts Gutem führen können, ehe es schließlich zur Katastrophe kommt – allerdings nicht unerwartet, schließlich hat man lange auf sie gewartet.
Das Problem des Films ist nämlich, dass er kaum zu fesseln vermag und träge dahinvegetiert wie die Darsteller im viel zu heißen Sommerdomizil. Das mag filmisch geschickt gemacht sein, um die Ödnis des Ortes nachzuempfinden (ähnlich wie in Brügge sehen… und sterben?), doch hier werden zu oft Durststrecken in der Handlung mit – mehr oder weniger – erotischen Darstellungen des Liebespaars kaschiert. Dabei hat der Film durchaus Potential und liefert einige interessante Aspekte, die es einem verbieten, während des Studiums einzunicken. Man halte sich die Szene vor Auge, in der Maurice Ronet mit einem Frühstückstablett die Langschläferin Romy Schneider mit dem Aufstoßen des Fensters weckt. Einige Zeit später wiederholt sich diese Szene fast 1:1, nur ist diesmal nicht Ronet der Weckende, sondern Schneider, die Delon weckt. Ein gelungenes Symbol für den Einfluss, den Mariannes Ex-Geliebter noch immer auf seine begehrenswerte Muse hat.
Die Charaktere sind interessant und bieten Raum für Interpretationen und doch bleibt der Streifen unbefriedigend, da man nie den Eindruck los wird, er hätte um gut zwanzig Minuten gekürzt werden können, ohne das nennenswertes für das Verständnis verloren gegangen wäre. So schleppt sich der Film nach einem gelungenen Anfang unspektakulär dahin, was nicht anders als eine vertane Chance gewertet werden kann, da mehr Spannung aus den Verhältnissen hätte herausgeholt werden können. Deray beschreibt hier zwar Alltagssituationen, holt aus ihnen – etwa durch gezielte, beunruhigende Kameraeinstellungen – jedoch bedauerlicherweise kaum Suspense heraus, sodass ein fader Nachgeschmack bleibt. So bleibt Der Swimmingpool ein zwar scharf gezeichnetes Psychogramm rivalisierender Personen, aber nur ein müder und kaum fesselnder Thriller – auch wenn Romy Schneider in diversen knappen Badeanzügen auch noch nach über 40 Jahren einen Blick wert ist.
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