(„Le herisson“ directed by Mona Achache, 2009)
Die Eleganz der Madame Michel ist keine Komödie im klassischen Sinn vielmehr handelt es sich beim Spielfilmdebüt von Mona Achache um ein leicht bekömmliches Drama mit humoristischen Elementen. Die korrekte Übersetzung des Filmtitels wäre eigentlich „Die Igelin“ was zwar äußerst passend Madame Michel (Josiane Balasko) umschreibt, aber doch sehr sperrig klingen würde.
Renée Michel ist Concierge in einem renommierten Wohnhaus in Paris, sie selbst führt aber ein sehr zurückgezogenes Leben in ihrer kleinen Wohnung und erfüllt sämtliche Klischees einer Hausmeisterin. Die griesgrämige Witwe wirkt auf den ersten Blick nicht besonders gebildet, äußerst ungepflegt und verbringt augenscheinlich ihren Alltag vor dem Fernseher.
Ein paar Stockwerke über ihr wohnt die junge Paloma (Garance Le Guillermic) mit ihrer Familie. Die Schülerin wirkt für ihr Alter äußerst intelligent und zumindest in intellektueller Hinsicht frühreif. Wenn sie nicht gerade irgendwo in der riesigen Wohnung versteckt über die Sinnhaftigkeit des Lebens philosophiert, treibt sie ihre Eltern und große Schwester in den Wahnsinn. Ausgerüstet mit einer einfachen Handkamera dokumentiert sie ihre Umwelt und hat sich obendrein zum Ziel gesetzt an ihrem nächsten Geburtstag Selbstmord zu begehen.
Der dritte im Bunde ist Kakuro Ozu (Togo Igawa). Als der Japaner in besagtes Pariser Haus einzieht beginnen die drei Protagonisten erst so richtig miteinander zu interagieren. Ebenso wie Paloma erkennt Kakuro in Madame Michel sehr schnell eine kultivierte und belesene Frau. Während das Mädchen Renées „eingeigeltes“ Leben als eine Art Schutz vor der brutalen Außenwelt und gleichzeitig Alternative zum Selbstmord kennenlernt, ist Herr Ozu mehr und mehr von seiner Concierge fasziniert.
Ja es entwickelt sich eine Romanze und nein, sie wird nicht so stereotypisch und grässlich ausgeschlachtet wie man es vom neuzeitlichen Kino her kennt. Es wird gekonnt zwischen Ernsthaftigkeit und Witz gewechselt ohne dabei je albern oder gar gekünstelt zu wirken. Die eigentliche Tragik, nämlich Palomas geplanter Selbstmord, begegnet uns Mal mehr Mal weniger hervorgehoben, löst sich am Ende aber in einer weiteren Tragödie auf.
Die Figuren sind äußerst glaubhaft ausgearbeitet aber in erster Linie von den drei Schauspielern wunderbar verkörpert, weshalb man sich sehr gerne und sehr schnell mit ihnen identifiziert.
Man merkt Mona Achache eigentlich in jeder Sekunde ihres Streifens an, dass sie selbst eine enthusiastische Cineastin ist. Spätestens wenn Renée und Kakuro einen gemeinsamen Filmnachmittag im Heimkino verbringen (natürlich VHS!) wird dies auch nochmal bildlich festgehalten.
Die Eleganz der Madame Michel ist ein Wechselbad der Gefühle das den Zuschauer sofort in seinen Bann zieht und mit sich reißt. Der Film entführt uns allerdings nicht in eine andere Welt, sondern hält uns vielmehr ein Abbild unserer hektischen Gesellschaft vor Augen, die offensichtlich sämtliches Feingefühl und den Sinn für das Schöne verloren hat. Es sind die einfachen Momente, etwa die in denen darüber diskutiert wird wie man am besten Bitterschokolade anbeißt damit diese ihren Geschmack entfalten kann, die uns schmunzeln aber gleichzeitig über unseren eigenen Alltag nachdenken lassen.
Es ist gelungenes, französisches Kino das niveauvoll unterhält, dabei ohne Action und sonstigen Firlefanz auskommt, sich aber zum Glück nicht in irgendwelche intellektuellen Geplänkel verliert. Absolut empfehlenswert und atmosphärisch passt der Film wunderbar zum derzeit trüben Herbstwetter!
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