Shadow Of The Vampire

Shadow Of The Vampire

(„Shadow Of The Vampire“ directed by E. Elias Merhige, 2000)

Shadow of the Vampire ist kein Horrorfilm. Es ist kein Gruselfilm und auch nur bedingt ein Vampirfilm. Es ist in erster Linie ein Film über das Filmemachen selbst, eine Hommage an Friedrich Murnaus Nosferatu und – wie sich schnell herauskristallisiert – eine böse Abrechnung mit der Skrupellosigkeit besessener Regisseure. Wer nun einen Horrorfilm erwartet, der sollte besser zunächst zu Murnaus Original oder Werner Herzogs Remake greifen und nachdem man diese beiden Werke zu schätzen gelernt hat, wird man an diesem Streifen einigen Genuss finden und sehr gut unterhalten werden.

Hier befasst man sich mit den Dreharbeiten zu Friedrich Wilhelm Murnaus Klassiker Nosferatu. Murnau wird dargestellt von John Malkovich, der für die Rolle des Grafen Orlok nicht etwa einen Schauspieler engagiert hat, sondern einen echten Vampir (Willem Dafoe), ohne seinem Stab etwas davon zu erzählen. Man beginnt allerdings Verdacht zu schöpfen, dass mit dem eigenartigen Darsteller etwas nicht stimmt, als der Kameramann plötzlich krank wird…

Der Film ist nicht nur für diejenigen empfehlenswert, die das Original zu schätzen wissen, sondern generell für alle Filmliebhaber, denn das Werk des wenig bekannten Elias Merhige funktioniert auf mehreren Ebenen ganz hervorragend. Merhige beweist sich als sehr bemühter und detailverliebter Filmemacher, er hat nicht nur seine Schauspieler im Griff, sondern bannt kleinste Details auf die Leinwand, auch wenn die meisten Zuschauer dies vielleicht nicht zu schätzen wissen, da es nicht auffällt. Ein gutes Beispiel hierfür mag die Szene sein, nach welcher sich der Kameramann den Arm massiert, mit dem er minutenlang an der Kurbel der Kamera drehen musste – die Technik war 1921 noch nicht weit und hier gab man sich alle Mühe, die Entstehungszeit des Klassikers genau nach- und abzubilden. Sehr beeindruckend ist auch die Kameraarbeit.

Die Szenen, die gefilmt werden und welche nachher im Film Murnaus Verwendung finden, sind schwarz/weiß in der Weise bearbeitet worden, dass man kaum unterscheiden kann, welches nun die Nachstellung Merhiges und welches das Original Murnaus ist. Kameratechnisch sehr beeindruckend ist auch die Szene, in welcher der Zug in die Slowakei fährt, die Kamera zunächst den Schienen, dann aber den Rauchschwaden des Zuges folgt, ehe das Gesicht von John Malkovich kurz über den Rauchschwaden ein- und wieder ausgeblendet wird. Die großartige Darstellung von Malkovich, die Detailverliebtheit und die skurrile, sehr originelle Story machen diesen Film sehr kurzweilig und bewusst führt man den Zuschauer ein wenig an der Nase herum, wenn der sich letztendlich fragt, was am Set von Nosferatu tatsächlich geschah und was für dieses Werk von Merhige erfunden war.

Gab es wirklich die Liebesgeschichte zwischen dem Kameramann und dem weiblichen Star? Nahm man am Set wirklich Drogen? Fest steht, dass Murnau auch im wahren Leben ein Genie, ein Besessener war, der nur für das gelebt hat, was am Schluss auf der Leinwand zu bewundern war. Diese Einstellung wird hier in einem Satz ausgedrückt, wenn Malkovich sagt: „If it’s not on frame, it doesn’t exist“. Diese Charaktereigenschaft wird hier ad absurdum geführt, verzerrt ins Groteske und Surreale, wenn Murnau nicht einen gewöhnlichen Schauspieler für die Rolle des Vampirs engagieren möchte, sondern stattdessen einen echten Vampir unter Vertrag nimmt, mit der Abmachung, er könne die Hauptdarstellerin beißen, wenn er in diesem Film mitwirke.

In diesem Sinn funktioniert dieses Werk auch als Mediensatire ganz hervorragend und vor allem besser, als er es als Horrorfilm getan hätte, was nie seine Motivation war. Der einzige Kritikpunkt ist die Darstellung von Willem Dafoe als Graf Orlok, der hier mit seiner Porträtierung übertreibt und einen Minenspiel bietet, welches zuviel ist für den verfluchten und todunglücklichen Grafen, sodass Dafoes Darstellung in einigen Szenen wie eine Parodie auf den klassischen Orlok-Schauspieler Max Schreck wirkt.

Davon abgesehen ist Shadow of the Vampire ein vielseitiges, detailliertes, liebevoll gefilmtes und sehr unterhaltsames Vergnügen (nicht nur) für Filmliebhaber.



(Anzeige)

8
von 10