Ein himmlischer Sünder

Ein himmlischer Sünder

(„Heaven Can Wait“, Ernst Lubitsch, 1942)

Heaven Can Wait war Ernst Lubitschs einziger Farbfilm und zählt auch heute noch zu den großen Komödienklassikern aus Hollywoods Golden Age. Und das zu Recht, präsentiert sich hier doch eine höchst amüsante und vor pointierten Dialogen sprühende Unterhaltung, die an Frische und Witz auch nach 70 Jahren nichts eingebüßt hat. Das Werk des jüdischen Emigranten war jedoch damals nicht unumstritten, so erhob die Kirche große Proteste gegen die Biographie des Frauenhelden Henry Van Cleve (Don Ameche), der nach seinem Tod in das Wartezimmer des Mannes gelangt, der darüber entscheidet, ob man nach seinem Ableben entweder in den Himmel oder in die Hölle gelangt. Henry erzählt ihm daraufhin seine Lebensgeschichte und von der Liebe zu seiner Frau Martha (Gene Tierney), die er als junger Mann kennen lernte, dann aber feststellen musste, dass sie die Verlobte seines Bruders ist. Da Martha Henrys Bruder aber ohnehin nicht liebte, beschloss sie kurzerhand, Henry zu heiraten.

Das Faszinierendste an den Komödien von Ernst Lubitsch, der schließlich auch für den unvergänglichen Klassiker Sein oder Nichtsein verantwortlich ist, ist, dass sie nie zu altern scheinen. Der sprühende, jüdische Wortwitz ganz im Stile eines Woody Allen funktioniert noch Jahrzehnte später ohne im Mindesten albern zu wirken oder Staub angesetzt zu haben. Und Ein himmlischer Sünder ist von der ersten bis zur letzten Minute voll von charmanten und höchst amüsanten Wortduellen, die sich auch 70 Jahre später noch als Feuerwerke erstklassiger Komik entpuppen.

Der Film offeriert einem nicht nur schlagfertigen Dialogwitz, sondern zudem einige wahrhaft originelle Einfälle, die ihrer Zeit weit voraus waren, man denke nur an die Falltür zur Hölle, in welche die charmante, enervierende alte Frau zu Beginn gnadenlos geschickt wird. Auch die Schilderung des Verhältnisses zwischen Mr. und Mrs. Strable setzte Maßstäbe bzgl. beißender Beziehungskomik, die noch heute oft und gerne in dieser Art porträtiert wird.

Es ist allerdings auch mehr als nur eine die Lachmuskel strapazierende Komödie, sondern eine äußerst warmherzige, einfühlsame und charmante Porträtierung eines Lebensweges, welches keineswegs geradlinig verlief und so stets interessant bleibt, sodass man den Charakteren nur allzu gerne bereit ist, zu folgen. Bemerkenswert ist an diesem Werk auch die Architektur – so wurde für den Vorraum zur Hölle bzw. zum Himmel ein kaltes, futuristisches Zimmer entworfen, an dessen Art wir uns im 21. Jahrhundert langsam angenähert haben oder die detailgetreue Nachbildung der Innendekorationen des ausgehenden 19. Jahrhunderts ist augenfällig.

Eine negative Bemerkung geht an einige Stellen der Liebesgeschichte zwischen Henry van Cleve und Martha, so entsteht teilweise der Eindruck, die Romanze werde unkompliziert und unglaubwürdig konstruiert, um die Handlung möglichst effektiv voranzutreiben. Das beste Beispiel wäre vielleicht die Tatsache, dass sich Martha spontan entscheidet, Henry zu heiraten, anstatt dessen Bruder und obwohl sie Henry kaum kennt, angibt, sich in ihn verliebt zu haben. Wer nicht an große Zufälle glaubt, dürfte außerdem ein Problem damit haben, wie Henry seine Frauen in dieser Geschichte kennen lernt.

Er trifft Martha, die, wie sich herausstellt, die Verlobte seines Bruders ist, ehe Henry Jahre später eine Revuetänzerin trifft, die, wie er erfahren muss, nun mit seinem Sohn zusammen ist. Dem Vergnügen an dem Film tut dies jedoch kaum Abbruch, denn der Charakter Henry an sich ist durchaus interessant und kein glatter Liebling ohne Ecken und Kanten, sondern jemand, der alles für seine Interessen tut ohne große Rücksicht auf Andere zu nehmen. Ein weiteres Highlight dieser ausgezeichneten Komödie ist die Figur des Großvaters, ein schlitzohriger Spaßvogel, der sich nach außen hin stets seriös und unnahbar gibt.

Ein himmlischer Sünder ist ein Film, den jeder Liebhaber von guten Komödien gesehen haben sollte. Die Witze funktionieren nach wie vor hervorragend, die originellen Ideen überzeugen noch immer, die Charaktere sind interessant und fast ausnahmslos auf ihre ureigene Art liebenswert, sodass die 108 Minuten wie im Fluge vergehen.



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9
von 10