In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

(„In the Heat of the Night“, directed by Norman Jewison, 1967)

„I got the motive which is money and the body which is dead.“

Sidney Poitier war als Afro-Amerikaner in den 50er und 60er Jahren die Gallionsfigur gegen Rassismus in Filmen. So spielte er nicht nur in Flucht in Ketten, in welchem er dem rassistischen Tony Curtis davon überzeugt, dass auch Schwarze lebenswerte Menschen sind, sondern auch in Rate mal, wer zum Essen kommt als potentieller Schwiegersohn Spencer Tracys, der zunächst enorme Probleme mit der Tatsache hat, dass der Verlobte seiner Tochter ein Afro-Amerikaner ist. Für Lilien auf dem Felde und seinem Porträt eines armen Schwarzen, der auf eine kleine Farm von Nonnen kommt, erhielt er schließlich 1963 den Oscar als bester Hauptdarsteller.  Diese Rollenfestlegung machte es einfach, ihn für In the Heat of the Night zu gewinnen, erneut ein Anti-Rassismus Film, verpackt in einen recht simplen Kriminalfall.

In dem kleinen, verschlafenen Nest Sparta wird eines Nachts der mächtigste und reichste Mann erschlagen aufgefunden. Polizeichef Bob Gillespie (Rod Steiger) lässt sofort nach flüchtigen Personen suchen, die für den Mord in Frage kommen. Polizist Sam Wood (Warren Oates) verhaftet daraufhin Virgil Tibbs (Poitier), der sich ganz alleine auf einer Bahnhofsstation aufhält – angeblich, um auf den nächsten Zug zu warten. Gillespie ist zufrieden mit dem Fang seines Untertan, doch bald sollen ihm die Gesichtszüge entgleiten, denn Tibbs lüftet das Geheimnis um seine Person: er ist selber Polizist, der beste Mordermittler in seiner Umgebung und auf der Heimfahrt von einem Besuch bei seiner Mutter. Als dies geklärt ist, will sich Tibbs wieder auf den Weg zur Bahnstation machen, wird aber vom Polizeichef gebeten, da der nächste Zug erst gegen Mittag fährt, noch einen Blick auf die Leiche zu werfen. Gillespie ist verblüfft von der Professionalität des Ermittlers, ist aber dennoch froh, den Schwarzen bald wieder an der Bahnhofsstation absetzen zu können, da er „Negern“ nicht sehr freundlich gesinnt ist. In der Zwischenzeit hat die Frau des Ermordeten (Lee Grant) Wind davon bekommen, wie der Polizeichef den schwarzen Mordermittler behandelt und besteht darauf, dass Tibbs der ansässigen Polizei bei den Ermittlungen hilft. Widerwillig lässt sich Tibbs dazu überreden, stößt bei seinen Ermittlungen aber auf unzerstörbaren Rassenhass, der ihm die Aufklärung des Mordes erschwert.

Der Film lebt weniger von seinem unspektakulären Kriminalfall als von dem grandiosen Zusammen- bzw. Gegenspiel zwischen Tibbs und Gillespie. Dabei geht es auch immer mehr weniger darum, eine geordnete Ermittlung darzustellen, als vielmehr die weißen Polizisten, die Rassisten vorzuführen. Denn die schleppen einen Verdächtigen nach dem anderen an, nur, damit Tibbs diese wenig später mit kühler Kombinationsgabe entlasten kann. Somit ist In der Hitze der Nacht weniger ein Krimi, als ein Porträt des Rassismus in den Vereinigten Staaten, ein Monument gegen Rassenhass, denn überlegen sind nicht die weißen Polterer, sondern die überlegten Gutmütigen – unabhängig von ihrer Rasse oder Herkunft.

Reicht das für einen abendfüllenden Spielfilm? Ja. Rod Steiger erhielt für seine Darstellung des Polizeichefs Gillespie zurecht einen Oscar und es macht ungeheuren Spaß, dem vulgären, Kaugummi kauenden Rassisten zuzuschauen. Im Gegensatz dazu spielt Poitier zu Beginn sehr gezwungen und hölzern, was aber wohl eher daran liegen mag, dass man den Schauspieler eher in Rollen als sanften Gutmenschen gewohnt ist und nicht als harten Cop, der sich gegen seine eigenen Kollegen zur Wehr setzen muss. Die rassistischen Kommentare schlagen einem in der Tat auf den Magen und wenn Norman Jewison ein abschreckendes Beispiel gegen Rassenhass demonstrieren wollte, so hat er es geschafft. Kommentare der Personen wie „Negerjunge, vor einigen Jahren hätte man dich noch ohne Zögern erschossen oder am nächsten Baum aufgehängt“ sind heute schockierender als zu jener Zeit, da man sie nicht gewohnt ist, was für die Entwicklung unserer Gesellschaft spricht. Erstaunlich ist, dass die Kameraführung 1968 nicht für einen Oscar nominiert war, und dass, obwohl „In the Heat of the Night“ damals sieben Nominierungen einheimsen konnte. Zusammen mit dem brillant aufspielenden Rod Steiger ist die Kameraführung das größte Plus dieses spannenden Streifens, denn sie ist es, die in den meisten Fällen für die benötigte Suspense sorgt und zu Experimenten bereit ist, beachte man die Verfolgungsszene des Verdächtigen, der sich durch ein Waldstück schlagen muss.

Hier wird stets gewechselt zwischen der Sichtweise des Zuschauers und Sichtweise des Flüchtenden mit wackelnder, realistischer Kamera, die zu Boden fällt, wenn der Verdächtige es tut. Die spannendste Szene des ganzen Films findet in einer Lagerhalle statt, in welcher sich Poitier gegen vier Weiße, die ihn zu Tode prügeln wollen, zur Wehr setzen muss – doch auch sonst hat der Regisseur ein Händchen für fesselnde Atmosphäre bewiesen, die unter Anderem daher rührt, dass die Dialoge genau abgewogen sind, sich kein Wort zuviel im Drehbuch finden lässt. Die Stille, Blicke und Gesten der Protagonisten verraten stets mehr, als es zahlreiche Worte tun könnten, sodass die Abwesenheit von geschwätzigen Gesprächen sehr wohltuend ist.

Auf In der Hitze der Nacht folgten zwei Fortsetzungen, die sich, wie es die goldene Filmregel besagt, nicht mit dem Original messen lassen können. So steht dieses Werk auf der Liste der besten Anti-Rassismus Filme, ein Streifen voller Atmosphäre, hervorragenden darstellerischen Leistungen (neben Steiger ist noch Warren „Wild Bunch“ Oates besonders erwähnenswert), exzellenter Kamerführung sowie einer unmissverständlichen Botschaft. Wer sich übrigens die DVD der „United Artists“-Reihe zulegt, wird darin unterrichtet (mehrmals auf der Rückseite der Hülle), dass dieser Film sogar einen Oscar für die Musik von Quincy Jones gewonnen hat. Ein faszinierendes Kuriosum, dass die bei der UA angestellten Leute selber nicht wissen, in welchen Kategorien dieses Meisterwerk unterhaltsamer Suspense Gewinne erringen konnte. Zumindest gehört der sehr sparsam eingesetzte Soundtrack nicht dazu.



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