Is Was Doc

Is‘ was, Doc?

(„What’s Up, Doc?“, directed by Peter Bogdanovich, 1972)

 

“Love means never having to say you’re sorry.”

“That’s the dumbest thing I ever heard.”

Es wäre unfair, Barbra Streisand auf ihre Nase zu reduzieren. Immerhin ist sie eine der bekanntesten und wohl auch reichsten Sängerinnen der Vereinigten Staaten von Amerika, die sich zudem in Filmen als Schauspielerin versucht hat. Am aktuellsten im dritten Teil der nach wie vor erfolgreichen, wenn auch mittlerweile alles andere als lustigen Fockers-Serie mit Ben Stiller, Robert DeNiro sowie Dustin Hoffman. Von dieser Rolle abgesehen, hat sich Streisand auf den Kinoleinwänden in den letzten Jahren rar gemacht – ihr letzter Film vor der Fockers-Reihe liegt mit dem wenig erfolgreichen Liebe hat zwei Gesichter von 1996 immerhin schon 15 Jahre zurück.

Noch weiter in der Vergangenheit liegt What’s Up, Doc von Peter Bogdanovich, eine der großen Komödienklassiker, in dem Streisand, Gerüchten zufolge, gar nicht erst mitspielen wollte, da sie das Drehbuch nicht komisch fand und einen gigantischen Flop für dieses Werk voraussah. Sie sollte sich irren und man kann ihr nicht vorwerfen, sie hätte sich keine Mühe bei ihrer Darstellung des durchgeknallten Stalkers gegeben, denn ihr ist es zu verdanken, dass der Film auch heute noch äußerst frisch und temporeich daherkommt. Ryan Love Story O’Neal spielt den Musikforscher Howard Bannister, der mit seiner Verlobten Eunice Burns (Madeline Kahn) nach San Francisco reist, um dort für ein Stipendium zu kämpfen, welches es ihm ermöglichen würde, seine Studien über frühe Perkussionsmusik zu vertiefen. Leider kommt Howard etwas in die Quere.

Dieses Etwas ist die ungestüme Judy Maxwell (Streisand), die den tölpelhaften, vergesslichen und ungeschickten Professor niedlich findet. Sie versucht, mit ihm anzubändeln, gibt jedoch auch nach der zweiten Abfuhr noch nicht auf. Als Howard zum Dinner bei seinem potentiellen Sponsor eingeladen ist, gibt sie sich kurzerhand als seine Verlobte aus. Die Sache wird jedoch noch komplizierter, denn nebenher wimmelt es im Hotel von diversen Personen, die auf der Suche nach je einem Reisekoffer sind. Die einen wollen Diamanten stehlen, die anderen geheime Dokumente entwenden, doch da mehrere sich ähnelnde Koffer im Umlauf sind, verkompliziert sich die Sache und letztendlich weiß niemand wer, was er eigentlich sucht oder welchen Koffer er eigentlich gerade erbeutet hat. Derweil kämpft Howard Bannister gegen seinen Konkurrenten Hugh Simon (Kenneth Mars) und um seine Verlobte, die das ständige Auftreten Judy Maxwells mehr und mehr irritiert …

Komödien wie diese werden heute nicht mehr gedreht, wurden sie jedoch auch in den 70er Jahren kaum mehr. Denn Bogdanovich erweckte mit diesem Streifen die sogenannte Screwball-Komödie wieder zum Leben, eine vor allem in den 30er und 40er Jahren sehr verlässliche Gattung für volle Kassen in den Kinos. Viel Dialog, Wortwitz, skurrile Charaktere, oberflächliches Thema ist der Kampf der Geschlechter. Warum ist What’s Up, Doc nun aber das Paradebeispiel für eine erfrischende, gelungene Komödie, wie sie besser kaum hätte gelingen können? Das Wichtigste an diesem Werk sind sicherlich die sorgsam ausgearbeiteten Charaktere, von denen einer skurriler als der andere und die sich aufreihen wie in einem grotesken Jahrmarktskabinett. Howard Bannister ist schüchtern, verklemmt, ungeschickt – er hat nur seine Arbeit im Kopf und scheint abgesehen davon mit dem Leben komplett überfordert zu sein.

Judy Maxwell ist sein enervierender, aber charmanter Stalker mit ungewöhnlich breitem Allgemeinwissen, während Howards Verlobte – brillant dargestellt von Madeline Kahn – die ewig eifersüchtige, keifende Lady ist, die in der Beziehung die Hosen anzuhaben scheint und ihrem Verlobten die Fliege binden muss. Beschreibungen wie diese könnten endlos fortgesetzt werden und eines der Highlights des Films ist sicherlich die Figur des Richters, höchst amüsant porträtiert von Liam Dunn, der auf seinem Pult neben zahlreichen Fläschchen mit Medizin kaum noch Platz findet. Interessante Figuren sind die Quintessenz für eine gute, erfolgreiche Komödie, gesichert wurde dies von erstklassigen Schauspielern, u.a. von einem großartig egozentrischen Kenneth Mars, der wie Madeline Kahn wohl erst durch seine Arbeit mit Mel Brooks Komiker-Berühmtheit erlangen sollte.

Es lohnt sich auch, auf John Hillerman zu achten, welcher dem ein- oder anderen Fernsehzuschauer als „Higgins“ aus der überaus erfolgreichen Serie Magnum bekannt sein dürfte. Hier spielt Hillerman – wenn auch nur für zwei Minuten zu sehen – exakt dieselbe Rolle des stets korrekten und distanzierten Mannes mit fein gebürstetem Haar. Wer nun mit treffsicherem Dialogwitz Schlag auf Schlag rechnet, der wird keinesfalls enttäuscht, so erweist sich Is’ was Doc? als Feuerwerk von scharfzüngigen und einprägsamen Dialogen, so liefert Ryan O’Neal eine Parodie auf sich  selbst bzw. auf seine Figur aus Love Story gegen Ende des Films, auf die man achten sollte.

Zusätzlich zu diesen pointierten Gesprächen und höchst amüsanten Verwicklungen (knapp die Hälfte des Films spielt in einem Hotel) werden dem Zuschauer jedoch noch weitere Zutaten serviert. So beinhaltet dieses Werk die wohl berühmteste Verfolgungsjagd der amerikanischen Filmgeschichte, direkt nach Bullitt (1968). Beide finden in San Francisco statt und Bogdanovich benötigte allein einen Monat für den Dreh dieser spannenden, humorvollen Verfolgung mit Autos und Fahrrädern durch frischen Zement, eine chinesische Parade und – lassen sie sich überraschen. Nebenher bietet dieser Streifen eine hervorragend choreographierte Schlägerei, die auch mit den unvermeidbaren Torten nicht spart.

Is’ was Doc? behält demnach alles bereit, was ein Zuschauer sich bei einer Komödie wünschen kann. O’Neal und Kahn sind hervorragend als kontrastierendes Paar, die von anderen grotesken Figuren perfekt ergänzt werden. Originelle Ideen wie eine Unterhaltung unter Tisch sowie memorable Dialoge, gut aufgelegte Darsteller, eine präzise Regieführung und selbstverständlich die atemberaubende Jagd lassen hier keine Wünsche offen und zaubern aus Bogdanovichs Film eine altmodische, doch paradoxerweise auch zeitlose Komödie, die all ihr Potential souverän ausgeschöpft hat.



(Anzeige)

10
von 10