(“Mr. Nobody” directed by Jaco Van Dormael, 2009)
Nemo Nobody (Jared Leto) ist 117 Jahre alt, wir schreiben das Jahr 2092.
Nemo Nobody ist 15 Jahre alt, mindestens drei Mal.
Nemo Nobody hat drei Frauen, gleichzeitig.
Nemo Nobody kann nicht schwimmen.
Nemo Nobody will nicht mit Idioten schwimmen.
Nemo Nobody erwacht in einem sterilen Raum in weißes Licht gehüllt und erinnert sich nicht was er dort zu suchen hat. Der merkwürdige Psychiater (Allan Corduner) möchte von ihm wissen, wie er heißt, wo er herkommt und vor allem wie alt er ist. Nemo Nobody sagt er sei 34 Jahre alt und ist 1975 geboren. Als er sich im Kindertagen dafür entscheiden muss, bei seinem Vater oder seiner Mutter zu leben, da diese sich trennen, geht für Nemo die Welt in ihrem eigentlichen Sein unter. Von diesem Zeitpunkt an führt er mehrere Parallelleben, um keine Möglichkeit auszulassen und nichts zu verpassen. Dies führt ihn regelmäßig in einen Dämmerzustand, indem er dieses Leben auslebt. Aus heutiger Sicht ein verwirrter, dementer, alter Mann. Doch im aktuellen Jahr ist Nemo Nobody viel mehr, er ist der letzte sterbliche Mensch auf Erden und bekommt dadurch eine Live-Übertragung in der futuristischen, genmanipulierten Welt im Jahre 2092.
Ziemlich verrückt möge man jetzt denken und so ist es auch. Der gesamte Film ist überaus skurril und erinnert stellenweise, ein wenig an The Butterfly Effect, ist jedoch unstrukturierter und zusammenhangsloser als dieser. Es ist schwierig die Idee hinter dem Film so auf die Leinwand zu bringen, wie sie im Kopf des Regisseurs herumgespukt sein muss. Mr. Nobody weißt erhebliche Langatmigkeit an einigen Stellen auf, besticht aber durch die wirklich schönen Bilder, Kostüme und ansehnlichen Darsteller. Der alte Nemo Nobody wurde in eine sehr mächtige Maskerade gesteckt und wirkt eher unansehnlich, als Mitleid erregend. Hätte man hier unseren Jopi Heesters rangelassen, wäre es zwar ebenso abschreckend, aber wesentlich authentischer gewesen. Schade eigentlich.
Um nun aber auf die Gedanken zurückzukommen, die hinter dem Film stecken, fällt mir nur ein Wort ein, um diese zusammenzufassen: Episch. Denn wir werden uns wohl alle schon einmal die brennende Frage gestellt haben, was wäre passiert, wenn ich mich jetzt anders entschieden hätte? Was wäre passiert wenn ich die Schule nach der 10. Klasse abgebrochen hätte? Was wäre denn passiert wenn mein Auto an diesem Tag nicht stehen geblieben wäre und ich nicht die nette Dame vom ADAC kennen gelernt hätte? Usw.
Ein wahnsinnig interessantes Thema, welches man bis ins unendliche ausweiden und weiterspinnen kann, es aber eigentlich nicht funktioniert, da nach einer weitergesponnenen Wendung wieder die nächste und völlig unberechenbare Weiche gestellt wird. Ich finde es beachtenswert und fantasievoll, sich diesem Thema zu stellen und den Versuch zu wagen es imposant auf die Leinwand zu bringen. Leider schafft es Jaco Van Dormael nicht und hat dieses wohl auch nicht beabsichtigt, die Spannung eines Butterfly Effect aufzubauen. Viel mehr entstand mit Mr. Nobody die traurige Geschichte um einen kleinen Jungen, der sich mit seiner Fantasie seine eigenen kleinen Welten schuf und so kurz vor seinem Tode, auf sichtlich schöne Leben zurückblicken kann.
Die Zusatz DVD zeigt den kompletten Film als Director’s Cut, entfallene Szenen, ein Making Of und einen Blick hinter die Kulissen. Die entfallenen Szenen hätten zwar nicht unbedingt in das fertige Gesamtwerk Mr. Nobody hineingepasst, aber ihn immer noch ein wenig auflockern können und vor einigen Atempausen bewahrt. Mit der Kinofassung wird also noch reichlich Zusatzmaterial geliefert, was gerade bei dieser Art Film oft als Aufklärungsversuch dient und die Intention des Regisseurs näher beleuchtet.
Mr. Nobody ist seit3. Februar auf Blu Ray und DVD erhältlich
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