(„OSS 117: Le Caire, nid d’espions“, directed by Michel Hazanavicius, 2006)
Gibt es nicht schon genug James Bond-Parodien? Vielleicht ja, vielleicht auch nicht, doch ein Kritiker sollte sich dessen bewusst sein, dass der hier rezensierte Film keineswegs (nur) eine Parodie auf den besagten Agenten darstellt, sondern vielmehr eine Satire auf sich selbst. Agent OSS 117 wurde bereits in den 50er Jahren, basierend auf einer literarischen Vorlage für die Leinwand verfilmt. Etliche Jahre, bevor 007 mit den Sean Connery-Verfilmungen ihre große Popularität genießen sollte.
In der Mitte der 60er Jahre – als James Bond allgegenwärtig und heiß begehrt war – entschloss man sich in Frankreich, weitere Filme über OSS 117 zu drehen und so geschah es, dass André Hunebelle, der 1964 mit Fantomas einen großen Hit gelandet hatte, mehrere Streifen mit dem smarten Agenten verfilmte. Krampfhaft versuchend, sich an James Bond anzulehnen, war OSS 117 zu dieser Zeit weit davon entfernt, als eine ähnliche Witzfigur anzutreten, wie dies in den Neuverfilmungen von Michel Hazanavicius der Fall sein sollte. Der Spion der sich liebte war dabei so erfolgreich, dass 2009 ein weiterer Film mit dem selbstverliebten Agenten gedreht wurde. Der 2006 entstandene Film entpuppt sich hierbei in mehrerer Hinsicht als liebevolle Hommage an die alten Agentenfilme der 60er, vor denen man sich verbeugt, gleichzeitig aber auch mit teils derben Scherzen auf die Schippe nimmt.
Wie auch in den OSS 117 Filmen der 60er Jahre war das eigentliche Highlight die exotische Kulisse. In diesem Fall ist es Kairo, das vor den Augen des Zuschauers lebendig wird, um von OSS 117 (Jean Dujardin) terrorisiert zu werden. Dieser hält sich selbst nicht nur für unwiderstehlich, sondern ist auch davon überzeugt, jede noch so gefährliche und vertrackte Situation bravourös meistern zu können. Sein neuer Auftrag wird zu einer Probe dieser Qualitäten, denn im Jahr 1955 wird er nach Ägypten geschickt, um dort den Tod seines Freundes Jack Jefferson (Philippe Lefebvre) zu untersuchen. Dieser leitete dort eine Geflügelzucht, ehe er verschwand. Gemeinsam mit der schönen Larmina (Berenice Bejo) taucht OSS 117 in das Milieu ein und nimmt selber den Platz seines Freundes Jack in der kleinen Lagerhalle ein. Schnell sieht er sich von undurchsichtigen Gestalten umzingelt, von denen ihm zunächst viele freundlich gesinnt zu sein scheinen.
Doch bald muss der tölpelhafte Agent bemerken, dass man Anschläge auf ihn verübt und dass eines Abends ein Mittelmann der gleichen Organisation erstochen in seinen Armen liegt. Was steckt hinter den mysteriösen Vorfällen? Da OSS 117 selber nicht intelligent genug ist, diese Frage zu lösen, bekommt er tatkräftige Unterstützung von Larmina, doch selbst sie gerät bei dem begriffsstutzigen Agenten an ihre Grenzen, denn OSS 117 kann nicht nur kaum etwas zur Klärung des Falles beitragen, sondern sorgt nebenbei noch für religiöse Streitigkeiten in der Stadt, als er mitten in der Nacht wutentbrannt einen Muezzin verprügelt …
Der Spion, der sich liebte beginnt etwas behäbig mit zahlreichen vorhersehbaren Gags, die man in einer ähnlichen Art und Weise bereits Dutzende Male zuvor in Agentenfilm-Parodien gesehen hat. Doch überraschenderweise gelingt diesem Film bald eine glückliche Wendung mit einer hohen Anzahl an visuellen Scherzen und Wortwitzen, die der deutsche Zuschauer Oliver Kalkofe zu verdanken hat, der nicht nur das französische Original ins Deutsche übersetzte, sondern nebenher dem Hauptdarsteller Jean Dujardin noch seine Stimme lieh. Jener männliche Hauptdarsteller kann sich damit rühmen (oder auch nicht), die perfekte Besetzung des schusseligen Agenten zu sein, der mehr in sich selber verliebt ist, als in irgendeinen anderen Menschen. Es mag nicht angemessen sein, einen Menschen dafür zu loben, doch Dujardin überzeugt in dieser Darstellung vollkommen, der wie einst Leslie Nielsen auch in den chaotischsten Situationen Ruhe und ein ernstes Gesicht bewahrt.
Hazanavicius ist mit diesem Film insgesamt eine liebenswerte Hommage an die Agentenfilme der 60er Jahre gelungen, wobei in diesem Fall das größte Lob an den Kameramann und die Beleuchter gehen muss, denn diesen Menschen ist es gelungen, die perfekte Atmosphäre zu schaffen, die diesen Tribut an billig und schnell abgefilmte italienische oder französische Thriller vergangener Tage erst überzeugend macht. Am auffallendsten ist hierbei vielleicht die bewusst schlampige und gerade zu lächerlich dilettantische Rückprojektion bei Autofahrten, bei denen die Landschaft derart unscharf erscheint, dass hier auf Archivmaterial vergangener Jahrzehnte zurückgegriffen worden sein muss.
Leider hält OSS 117 diese Konsequenz nicht, wenn insgesamt edel abgelichtete Hochglanzbilder präsentiert werden, die naturgemäß denen ihrer Vorbilder weit überlegen sind. Als geradlinige Story ist diese Parodie auch nur schwer überzeugend – anstatt einer nachvollziehbaren, sinnvollen Ermittlung ist die Handlung selbst nur dünner roter Faden für zahlreiche prekäre Situationen des Agenten und Auslöser für zahlreiche Scherze. Das Gute an dieser Schwäche – die man kaum so nennen möchte – ist, dass es Regisseur und Drehbuchautor nicht versäumt haben, dem Zuschauer derart viele Gags zu servieren, dass dieser über die Handlung selbst gar nicht viel nachdenken kann. Auf diese Weise kaschiert Der Spion, der sich liebte einige kleine Schwächen, überzeugt insgesamt aber als kurzweiliger, exotischer Spaß mit einem glänzenden Hauptdarsteller und einigen originellen Einfällen, die diese Agentenfilm-Parodie nicht derart überflüssig erscheinen lässt wie viele ihrer Kollegen.
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