(„Murder Most Foul“, directed by George Pollock, 1964)
“It may irritate you, Inspector, but sometimes women have superior minds. You’ll simply have to accept it.”
Warum vier Frauen? Warum ein Mord? Genau genommen sind es 6 Frauen, die eine wichtige Rolle in diesem Film spielen und noch genauer genommen sind es im Ganzen drei Morde, die hier verübt werden und die Miss Marple aufklären will. Der deutsche Titel dieses Krimis kann somit frei nach eigenem Gusto interpretiert werden, wohingegen der britische Originaltitel Murder Most Foul eine Referenz an den Dichter William Shakespeare darstellt, der in „Hamlet“ sagen lässt: „Murder most foul, as in the best it is;/But this most foul, strange, and unnatural.“ Diese Hommage an den kreativen Schöpfer ist mit dem Milieu zu erklären, in dem sich Miss Jane Marple (Margaret Rutherford) in diesem dritten und vorletzten Film der Reihe von George Pollock bewegt.
Alles hat an einem schummerigen Abend in einem kleinen Städtchen begonnen, als ein Polizist Streife schob und plötzlich durch ein Fenster in einem Haus eine Leiche von einer Decke baumeln sah. Am Tatort findet man einen Mann, der jedoch beteuert, lediglich die Tote – in Form von Miss McGinty – abhängen zu wollen, ohne mit ihrem Unglück etwas zu tun zu haben. Man glaubt ihm nicht. Scheinbar sprechen alle Beweise gegen ihn und so geschieht es, dass die Geschworenen im Gericht über das Schicksal des jungen Mannes zu entscheiden haben. Eine von diesen Geschworenen ist niemand Geringeres als Miss Marple. Sie ist auch die Einzige, die von der Unschuld des Angeklagten überzeugt ist – ihr hat man es zu verdanken, dass ein nächster Gerichtstermin anberaumt wird. Der Fall lässt die Hobby-Detektivin jedoch nicht los und so beginnt sie, auf eigene Faust zu ermitteln.
Wie immer an ihrer Seite ist Mr. Stringer (Stringer Davis, der Ehemann von Rutherford). Gemeinsam finden sie heraus, dass die Ermordete eine Erpresserin gewesen sein muss, die einem dunklen Geheimnis aus der Vergangenheit auf die Spur gekommen war und so mit ihrem Leben bezahlen musste. Es besteht kein Zweifel, dass der Erpresste – und somit ihr Mörder? – ein Mitglied aus einer Theatergruppe ist. Um der Wahrheit auf die Spur zu kommen, bewirbt sich Miss Marple beim Intendanten Cosgood (Ron Moody) als Darstellerin. Mit einem nicht ganz ehrlichen Trick schafft sie es schließlich, in die Theatergruppe aufgenommen zu werden und dort setzt sie ihre Ermittlungen fort, die für sie bald sehr gefährlich werden…
Murder Most Foul basiert nicht etwa auf einer Geschichte von Agatha Christie, die Miss Marple zur Heldin hatte, sondern – wie auch schon zuvor Der Wachsblumenstrauß – Hercule Poirot, den belgischen Detektiv mit dem markanten Schnurrbart. Die Bearbeitung ist gelungen, zumindest passt die alte Dame hervorragend in die Gesellschaft der Theaterleute, die ihr nicht alle freundlich gesinnt sind, da jeder von ihnen ein Geheimnis zu haben scheint. Dass alle Verdächtigen von Beruf Schauspieler sind, macht den Fall nur umso interessanter und Regisseur George Pollock inszeniert einen Moment der Täuschung, bei dem man sich nicht sicher sein kann, was in den Gruppenmitgliedern wirklich vorgeht oder was sie nur spielen. Miss Marple lässt sich davon freilich nicht beeindrucken und bleibt mit einem nüchternen Blick an dem Fall, der in der höchst amüsanten Figurenkonstellation Marple – Stringer sogar ein Element der meisten Film Noirs aufgreift, wenn hier das Motiv der starken Frau und des schwachen Mannes auftaucht. Mr. Stringer ist ein bisschen begriffsstutzig, nicht so resolut wie seine Freundin und überhaupt steht er Inspektor Craddock (Charles Tingwell) in Nichts nach, denn auch dieser muss sich eingestehen, dass Miss Marple ihm immer einige Spuren voraus ist.
Vier Frauen und ein Mord ist bereits in seiner ganzen Inszenierung ein Theaterstück, ein bescheidenes Kammerspiel mit kleiner Besetzung, das den typischen Agatha Christie-Flair versprüht, eine Autorin, die mit Vorliebe ganze Kriminalfälle in Buchform an nur einem Schauplatz stattfinden ließ, denkt man an den Mord im Orientexpress oder den Tod auf dem Nil. Der dritte Film mit Rutherford als Miss Marple unterscheidet sich von diesen ernsteren Ansätzen, denn man kommt nicht umhin zu bemerken, wie die Reihe immer mehr an Komik gewonnen hat, der nun ein breiter Raum zukommt und die es leicht macht, die Figur der Miss Marple gern zu haben, da sich Murder Most Foul nie allzu ernst nimmt, ohne ins Alberne abzudriften, sondern stets zurückhaltend und ohne Längen auf seinem geraden Kurs bleibt: der schlichten Unterhaltung. Die Miss Marple-Filme sind wie ein Ritt auf einer Zeitmaschine, zurück in die 60er Jahre, in denen so vieles anders (und besser?) war. Zeiten, in denen man noch mit Freude einen Vertreter ins Haus gelassen hat, Zeiten, in denen man ohne moderne Ermittlungsmethoden à la CSI vorankommen musste – ohne Computer, Zeiten, in denen man einzig und allein auf seinen wachen Verstand angewiesen war, der nicht abstürzen konnte. Zumindest nicht bei Miss Marple.
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