(„Hopscotch“ directed by Ronald Neame, 1980)
“Now I know what the FBI stands for. „Fucking, Ball-busting Imbeciles“!”
Niemand sieht morgens zerknautschter aus als Walter Matthau. Regisseur Ronald Neame weiß das und lässt dem Mienenspiel des Darstellers eine gewichtige Rolle zufallen. Tatsächlich war Matthau selten besser als in diesem furiosen Abenteuer, das aus vielen Gründen so verschieden ist von all den anderen Agentenkomödien, die sich vor allem in den 60er Jahren, auch durch die Berühmtheit James Bonds, solch großer Beliebtheit erfreuten. Dass diese Komödie, die von einigen Zuschauern als reiner Thriller fatal missverstanden wurde, niemals auch nur im Entferntesten glaubwürdig ist, kommt dieser Satire dabei noch zugute. Matthau spielt Miles Kendig, einen CIA-Agenten, der seit mehreren Jahren den Russen Yaskov (Herbert Lom) beschattet und verfolgt.
Als er ihn schließlich eines Verbrechens bezichtigen kann, lässt er ihn laufen, in der Hoffnung, noch mehr Hintermänner ausfindig machen zu können. Diese Intelligenz Kendigs wird von seinen Kollegen sehr geschätzt. Überall heißt es, Kendig sei der Beste von allen. Nur sein neuer Chef Myerson (Ned Beatty) sieht das anders, denn dieser ist alles andere als erfreut darüber, dass sein „bester Mann“ einen der gefährlichsten Verbrecher hat laufen lassen. Aus Wut will er seinen Agenten aus dem Außendienst in ein dunkles Büro verbannen, was Miles natürlich ablehnt. Er beschließt, seinem Chef dieses Unrecht heimzuzahlen – auf sehr schmerzhafte Weise, denn Myerson soll nun selber in die Rolle Kendigs versetzt werden – als Jäger, der sein Opfer fliehen lässt, fliehen lassen muss, weil er gegen seinen Spitzenagenten nicht den Hauch einer Chance hat.
Im Prinzip ist es ein simpler Plan. Zunächst fliegt der ehemalige Agent nach Salzburg um Isobel (Glenda Jackson) zu besuchen, eine alte Liebe, die er nun wieder aufleben lassen will. Isobel lässt sich darauf bereitwillig ein, ist jedoch geschockt, als sie erfährt, welch lebensmüden Plan ihr Liebhaber ausgeheckt hat. Dieser will nämlich seine Memoiren schreiben – gespickt mit geheimen Details über die CIA. Wenn das Buch veröffentlicht wird, ist ein Rücktritt Myersons nicht zu verhindern. All das könnte sich Kendig leicht machen, indem er das Manuskript schlicht einem Verlag zuschickt. Aber das ist dem ehemaligen Agenten nicht Demütigung seines Chefs genug, er will noch einmal beweisen, dass er allen um mehrere Nasenlängen voraus ist. So schickt er die Kapitel seiner Memoiren einzeln und in einigen Abständen der CIA sowie anderen Geheimorganisationen zu. Myerson ist gedemütigt, doch das Spiel hat damit erst angefangen: Kendig muss gestoppt werden.
Das Erfrischende an diesem Verfolgungsfilm ist, dass sich Matthau alias Kendig nie weit von seinen Jägern entfernt hält. Mal ist er im selben Hotel, mal in derselben Stadt und als Höhepunkt mietet er sich sogar unter falschem Namen mal in das Gästehaus seines Chefs ein, ohne dass dieser etwas davon bemerkt. Natürlich lässt sich Kendig nicht dazu herab, sich an seinem Chef zu rächen, in dem er dessen Eigentum ruiniert und das Haus demoliert. Er weiß sehr wohl, dass das Verletzen der Ehre viel schmerzvoller ist, als ein brennendes Haus. Die nachfolgende Tat jedoch ist stellvertretend für die Arbeitsweise des Agenten, der seine Verfolger ohne Gewalt, sondern mit einem rasiermesserscharfen Verstand auszutricksen versteht. Schließlich ist es nämlich sein Chef Myerson selber bzw. dessen Kollegen, die sein Anwesen in die Luft jagen und somit selber alles zerstören – das schaffen sie spielend leicht ohne das Zutun von Kendig, der amüsiert dabei zuschaut, wie auch dieser Plan wieder tadellos funktioniert hat.
Dabei vergisst er niemals, wie leicht es für die CIA im Allgemeinen ist, ihren Gegnern auf die Spur zu kommen. Das hat er in eigener Erfahrung gelernt und mit diesem Einfachheit spielt er nun. Selbstsicher ruft er bei seiner Freundin an, wohl wissend, dass das Telefon durch eine Fangschaltung kontrolliert wird. Mit diesen Methoden lenkt er das CIA bewusst auf seine Spur, denn das macht ihm Spaß – ihm und dem Zuschauer. Was er sich nicht eingestehen will ist, dass dieses Spiel nur deshalb so gut funktioniert und funktionieren kann, weil er sich sein Chef Myerson sich derart ähnlich sind. Beide weigern sich aufzugeben, beide kämpfen bis aus Letzte, bis sie gewonnen und ihre Haut gerettet haben.
„Hopscotch“ ist erfrischend, voller origineller kleiner Ideen, geradlinig und ohne Längen mit einem glänzenden Walter Matthau, der sich hier sichtlich amüsiert. Wenn Sie sich wundern, warum Sam Waterston als sein Kollege und Verfolger Cutter stets müde und abgespannt aussieht, dann mag das daran liegen, dass Waterston völlig überarbeitet von der aufwändigen Filmproduktion „Heaven’s Gate“, die zu einem der größten Flops überhaupt werden sollte, zu dieser kleinen, aber feinen Agentenkomödie hinzustieß und als Konsequenz im Film Kommentare über sein abgespanntes Äußeres über sich ergehen lassen muss. Er ist es auch, der darauf angesetzt wird, Kendig zur Strecke zu bringen, obwohl er den großen alten Mann sehr schätzt und hier gegen seine innere Einstellung, seine Ideale und gegen die Sympathie ankämpfen muss, denn das Problem, wie Yaskov richtig erkannt hat, ist, dass man dem Gejagten aufgrund seines Charmes nicht böse sein kann. Der wohl größte Pluspunkt dieses kurzweiligen Spaßes ist, dass eben diese Eigenschaft überzeugend über den Bildschirm transportiert wird.
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