(„Tintin et le mystère de la Toison d’Or“ directed by Jean-Jacques Vierne, 1961)
Les aventures de Tintin, oder im deutschsprachigen Raum besser als Tim und Struppi bekannt, erfreut sich seit 1929 größter Beliebtheit und gilt heute als eines der bedeutsamsten europäischen Comics. Nachdem nun langsam aber sicher Steven Spielbergs Hollywood-Version dieses frankobelgischen Klassikers in die Kinos kommt, laufen natürlich die Maschinen der Marketingstrategen auf Hochtouren um die Gunst der Stunde zu nutzen und alte Schinken an den Konsumenten zu bringen.
Bei Tim und das Geheimnis um das goldene Vlies handelt es sich um die erste von insgesamt zwei Realverfilmungen die in den 60ern produziert wurden, in Deutschland allerdings erst vor ein paar Jahren auf DVD erschienen sind. Nachdem nun die letztjährige Blu Ray-Box von Sunfilm nicht gerade mit Erfolg gekürt war – wir sprechen von einem unzumutbarem Menü, fehlerhafter Tonspur und falschen Angaben auf dem Cover – brachte man nun die Filme einzeln und angeblich restauriert auf den Markt.
Die gute Nachricht zuerst: der Stereoton scheint keine Probleme zu machen, auf ein Menü wurde komplett verzichtet (auch so kann man Probleme umgehen) und das Bild, zumindest dessen Farben, wirken recht frisch für das hohe Alter. Die miserablen Schauspieler kann allerdings selbst das beste Release nicht wettmachen und so muss der Zuschauer sich in 90 Minuten mit schauderhaften und ungewollt lächerlich wirkenden Darstellern abplagen.
Die Geschichte, das wissen wir ja bereits vom Comic, ist dabei nicht das Problem. Kapitän Haddock (Georges Wilson) erhält eines schönen Tages einen mysteriösen Brief von einem alten und nunmehr verstoreben Freund in dem dieser sein Schiff, die Toison d’Or, dem Kapitän vererbt. Sofort macht er sich mit seinen Freunden, dem Reporter Tim (Jean-Pierre Talbot) und dessen Hund Struppi auf den Weg nach Istanbul wo er das Boot anscheinend nur noch abholen muss, die Überraschung ist allerdings groß als sie keinen noblen Wellenbrecher, sondern nur ein verbeultes und verrostetes Wrack vorfinden. Als sie dann aber auf zwielichtige Gestalten treffen die ihnen eine unrealistisch hohe Geldsumme für den alten Kahn anbieten, ist klar dass das unscheinbare Schiff ein Geheimnis verbirgt…
Die Reise führt uns von der Türkei über Griechenland zurück nach Frankreich. Auch wenn man sehr oft billige Kulissen und bei fliegenden Objekten sogar Fäden sieht, strahlen die Bilder dennoch sehr gut die Abenteuerlust der Comics aus. Die Figuren wurden 1:1 von der Vorlage übernommen, ja auch die aberwitzigen Detektiv-Zwillinge Schulze und Schultze oder der verrückte Professor Bienlein sind mit von der Partie, und wirken deshalb original und genauso herrlich überzogen wie im Comic. Einzig die Schauspielkunst, wenn man das Gesehene überhaupt so definieren kann, ist wie gesagt für die Tonne und versalzt einem die Suppe ordentlich.
Fans dürften hier wohl trotz dieses Mankos auf ihre Kosten kommen, dem versierten Cineasten wird hingegen bereits nach der ersten Szene zum Heulen zumute sein. Ich persönlich ziehe übrigens die wesentlich erfolgreichere Zeichentrickserie der 90er diesem skurrilen Werk vor.
Tim und Stuppi – Tim und das Geheimnis um das goldene Vlies ist seit 16. Juni auf Blu Ray erhältlich
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