(„The Tree“ directed by Julie Bertuccelli, 2010)
Obwohl der Trailer damals durchaus ansprechend war und der Film von Julie Bertuccelli bei den Filmfestspielen in Cannes 2010 angeblich mit standing ovations, zumindest vom Publikum, gefeiert wurde, entpuppt sich The Tree als kleines, irgendwo vergessenes Juwel. Die bald erscheinende DVD-Fassung sollte man sich deshalb auf keine Fälle entgehen lassen.
Die O’Neils sind eine sechsköpfige Familie die irgendwo in Australien auf dem Land wohnt. Man erfährt nicht viel mehr, alles geht viel zu schnell als Peter (Aden Young), der junge Vater, aufgrund eines Herzinfarkts stirbt und eine psychisch äußerst labile Frau, Dawn (Charlotte Gainsbourg), hinterlässt. Neben Dawn scheint vor allem auch die kleine Simone (Morgana Davies) den abrupten Tod ihres Vaters nicht sonderlich gut verarbeitet zu haben, bis sie schließlich entdeckt, dass Peter womöglich im riesigen Feigenbaum der vor dem Familienhaus steht weiterlebt. Die Pflanze spendet aber nicht nur Trost, sondern Simone ist davon überzeugt ihren Vater hören zu können wenn sie nur weit genug in die Baumkrone hinaufklettert. Als Dawn nach fast einem Jahr George Elrick (Marton Csokas) kennenlernt, scheint auch sie endlich wieder aufzublühen, doch als der geschickte Handwerker bemerkt, dass der nunmehr alte Feigenbaum aus Sicherheitsgründen besser gefällt werden sollte, wird die neu gewonnene Idylle sogleich wieder zunichte gemacht.
The Tree ist gefühlsbetontes Kino mit grandioser Optik, dessen zeitliche Sprünge nicht weiter stören. Als Zuschauer beobachtet man diverse Szenen innerhalb der Familie und durchlebt mit ihnen die diversen Phasen der Trauer und Freude. Die hauchdünne Charlotte Gainsbourg erweist sich dabei als brillante Besetzung: äußerlich mehr als fragil aber innerlich unheimlich charakterstark, gibt sie als Alleinerziehende zum Glück keine „feministische Supermom“ ab, wirkt dafür aber mit all ihren Schwächen umso menschlicher, zweifelsohne also die Figur mit der sich das Publikum identifizieren kann.
Der Film ist ungewohnt ruhig. Es gibt zwar einen sehr passenden Soundtrack, doch sehr oft müssen die Bilder sprechen und das tun sie, ohne Frage. Das offene Ende nach dem fulminanten Finale unterbindet quasi ein Happyend, das in diesem Fall allerdings dann doch sehr erzwungen gewesen wäre. Nichts desto trotz ist The Tree kein verstörender Film der den Zuschauer nach Einsetzten des Abspanns perplex zurücklässt und auch kein Werk, das irgendwelche mystischen, übernatürlichen und auch nicht religiösen Wunder nahe legen will, es ist einfach nur ein wunderschöner Streifen über Liebe und dessen Kraft.
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