(„Un condamné à mort s’est échappé“ directed by Robert Bresson, 1956)
In Un condamné à mort s’est échappé stellt Robert Bresson den Gefängnisausbruch eines Todeskandidaten im von den Nationalsozialisten besetzten Frankreich dar. Nachdem der Résistance- Anhänger Fontaine (François Leterrier) verhaftet und zum Tode durch Erschießen verurteilt wurde, wird er in ein Gestapo-Gefängnis überführt; sein Drang nach Freiheit ist jedoch ungebrochen – vom Tag seiner Inhaftierung an arbeitet er unermüdlich an einem Fluchtplan. Es gelingt ihm, einen Durchbruch zu graben, doch kurz vor seinem Ausbruch wird ein weiterer Mitgefangener, der sechzehnjährige François Jost (Charles Le Clainche), in seine Zelle gewiesen und sein Plan droht zu scheitern, da Fontaine befürchtet, es könnte sich bei dem jungen Mann um einen Spitzel handeln…
Bresson rhythmisiert seinen Film streng – regelmäßig sind die zum Hofgang antretenden Gefangenen, der in seiner Zelle an dem Fluchtweg arbeitende Fontaine zu sehen und die Gewehrsalven des Erschießungskommandos zu hören – und arbeitet erstmals lediglich mit Laiendarstellern, welche dem Stoff, übrigens ein Merkmal aller späteren Werke Bressons, auf Grund ihres „mechanisch“ wirkenden Schauspiels gewissermaßen eine universelle Gültigkeit garantieren und den Fokus des Zuschauers vielmehr auf das Dargestellte als auf die Art der Darstellung lenken.
Durch eine minimalistische Bildsprache und die Tatsache, dass der Ausgang des Fluchtversuches bereits im Titel vorweggenommen wird, versucht der Regisseur eine höchstmögliche Spannungsarmut zu erreichen; die Erlösungsbotschaft ist es, auf die der Film konsequent hinarbeitet, und sich dementsprechend von anderen Filmen dieser Art bewusst distanziert. Dennoch ist Un condamné à mort s’est échappé von einer großen atmosphärischen Dichte, da der Film in einer bedrückend engen Gefängnisanstalt situiert ist und Fontaine das Datum seiner Hinrichtung unbekannt bleibt, wodurch zusätzliches Unbehagen entsteht.
Bezeichnend für Bressons Vorgehen ist zudem, dass er auf Gesichtstotale, im Gegensatz zu späteren Werken wie etwa Mouchette oder Au hasard Balthazar, vollständig verzichtet; die dargestellten Charaktere, v.a. die Gefängniswerter, werden zu bloßen Funktionseinheiten, die es für Fontaine zu überwinden gilt, degradiert. Die Sehnsucht des Protagonisten nach Freiheit und sein Überlebensdrang finden außerdem in der selten erklingenden musikalischen Untermalung, das „Kyrie“ aus der c-Moll Messe von Mozart, eine Entsprechung.
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