Verflixt verliebt

Verflixt verliebt

(„Verflixt verliebt“ von Peter Luisi, 2004)

Peter Luisis Ein Sommersandtraum war eine der besten, da erfrischendsten Komödien des Kinojahres 2011. Die skurrile Fabel, die sich letzten Endes als augenzwinkernder Seitenhieb auf den Inception-Hype jener Zeit erwies, war aufgrund zahlreicher guter Kritiken und des Status‘ „Überraschungshit“ anscheinend für das Label Pierrot Le Fou Grund genug, ein älteres Werk desselben Regisseurs und Produzenten auszugraben und es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Verflixt verliebt gewann bereits 2004 den Zürich Film Award und konnte eine Nominierung für den Schweizer Film Preis einheimsen. Ist es daher eine Überraschung, verlauten zu lassen, dass der nun auf DVD erschienene Streifen eine große Enttäuschung darstellt? Ähnlich wie der später entstandene „Sommersandsturm“ ist bereits „Verflixt verliebt“ ein kafkaeskes Schelmenstück, das in seiner Konzeption durchaus für Erfrischung und Unterhaltung sorgen könnte; würde man es nicht über 90 Minuten tot treten.

Miro (Martin Rapold) ist Biologiestudent. Als er eines Tages Mercedes (Sandra Schlegel) im Theater entdeckt, verliebt er sich sofort unsterblich in sie. Was kann er tun, um sie nicht aus den Augen zu verlieren, verzweifelt versuchend, Kontakt mit ihr herzustellen, um ihr nahe sein zu können? Er gibt sich als Regisseur aus, der derzeit an einem Filmprojekt arbeitet. Ist das eine gute Idee? Zumindest eine, die einigen Aufwand erfordert und Miro ins Grübeln bringt, denn um die Fassade aufrecht erhalten und Mercedes regelmäßig treffen zu können, ohne sich als Hochstapler outen zu müssen, muss möglichst schnell ein Filmprojekt entwickelt werden. Für den unerfahrenen Studenten bedeutet das – ganz nach dem Godard’schen Vorbild – nicht zwangsläufig, dass ein Drehbuch existieren muss, doch zumindest muss ausreichend Geld für eine Finanzierung aufgetrieben werden; auch, wenn das heißt, sich mit einem schmierigen Millionär einzulassen, der in diesem Film mindestens eine gigantische Explosion sehen und seinen Stiefsohn einbinden will. Erschwerende Klauseln für Miro, die Regisseur Peter Luisi leider nicht genügend ausbaut. Im Gegenteil: was als komödiantisches Element geeignet gewesen und darüber hinaus angekündigt wurde, verpufft im Nichts, um bis auf eine Ausnahme nie wieder erwähnt zu werden.

Kaum beginnen die Dreharbeiten, sieht Miro sich bald mit dem nächsten Problem konfrontiert: seine geliebte Mercedes, die er als Hauptdarstellerin für sein Werk, dass er Szene für Szene improvisieren lässt, gewinnen konnte, scheint sich bald in den männlichen Hauptdarsteller zu verlieben. Schlimmer noch: es dauert nicht lange, bis eine kleine Gruppe von Filmemachern auftaucht, die eine Dokumentation über den Dreh veröffentlichen will. Anstatt sich mit dokumentarischen Beobachtungen zufrieden zu geben, verlangen diese Action und Spannung – etwas, dass ihrer Meinung nach nur möglich ist, wenn man entsprechend manipuliert. Auf diese Weise beginnen für alle Beteiligten anstrengende Dreharbeiten, deren Resultat weniger ein erfolgreicher Film, als vielmehr die unvergesslichsten Wochen für die ganze Crew bedeuten.

Ich kenne nur wenige Filme, die angestrengter (und im Folgeschluss auch anstrengender) sind als Verflixt verliebt von Peter Luisi. Krampfhaft versuchend, sich in die Rubrik „intellektuelles Arthaus-Kino“ zu pressen, bleibt die erstaunlich wenig emotionale Romanze deshalb derart steril, weil sie bis zum Ende nahezu unerträglich bemüht wirkt. Das drückt sich vor allem darin aus, dass Luisi sich dafür entschied, den Film mit verschiedenen Kameratypen zu drehen. Ganze Szenen werden durch die Augen von Überwachungskameras gesehen, während der Film im Film von einer 16mm-Kamera festgehalten wird, die Geschichte selber jedoch mit Handkamera fotografiert und – um dem Ganzen die Krone aufzusetzen – sogar noch eine Super8-Kamera zum Einsatz kommt. Das Ergebnis ist dabei nicht primär überschäumende Kreativität, sondern wechselnde Bildformate, an die man zu keinem Zeitpunkt gewöhnt wird, da der stete Wechsel eben diesen Vorgang unmöglich macht. Ist dieser technische Experimentiergeist mit der Zartheit einer humanen Romanze zu vereinbaren? Hier offensichtlich nicht.

So intellektuell und experimentierfreudig Luisi mit seinem Werk auch sein möchte, so sehr stören in diesem Zusammenhang arg alberne Kindereien, die im krassen Gegensatz zum Anspruch stehen, den der Drehbuchregisseur an sich selber gestellt hat und das einzige Bindeglied zwischen dieser versuchten Komik und dem Quasi-Intellekt, ist die Bemühtheit, mit der beides auf die Leinwand gebracht wurde und was schlussendlich Verflixt verliebt zur Geduldprobe macht. Das ist schade, weil die dem Stoff zugrunde liegende Idee eine sehr reizvolle ist, die sich bestens zur Medienkritik eignet. Dass Luisi dieses Potential nicht ausschöpft, das ausreichend wäre für 90 Minuten Spielzeit, weil er sich lieber auf sein technisches Konzept zu konzentrieren scheint, welches bestenfalls als Aufhänger für einen Kurzfilm geeignet wäre, ist äußerst bedauerlich und mäßig bis gar nicht komisch.

Verflixt verliebt erscheint am 27. Jänner auf DVD



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4
von 10