Code Blue

Code Blue

(„Code Blue“ directed by Urszula Antoniaks, 2011)

Ich hatte 2011 auf einem Filmfest bereits die Eintrittskarte in der Hand, als mich ein Freund fragte, welchen Film ich mir denn als Nächstes ansehen wollte. Code Blue. Der solle „richtig scheiße“ sein, sagte er und so ließ ich mich von ihm in einen anderen Film ziehen. Er sollte Recht behalten. Code Blue ist richtig scheiße.

Die Geschichte um die Krankenschwester Marian (Bien de Moor) repräsentiert dabei genau das, worüber sich das zynische Publikum bei Arthaus-Filmen lustig macht und wirkt dabei in seiner überstilisierten Ansammlungen von Genre-Klischees schon fast wie eine Karikatur eines modernen Autorenfilms. Der Beruf des Hauptcharakters passt dabei hervorragend zur kalten, sterilen Stimmung des Films, arbeitet Marian doch in einem Krankenhaus, indem sie nicht selten kranken, leidenden Patienten beim Sterben behilflich ist. In der festen Überzeugung, den Menschen damit etwas Gutes getan zu haben, sammelt sie Besitztümer ihrer Opfer, die sie bei sich in der kalten, sterilen Wohnung sammelt.

Marian ist eine Soziopatin. Um dem Zuschauer das klar zu machen, greift Regisseurin Urszula Antoniaks träge und wenig originell in die Schublade: lange Einstellungen, Stille, das Gesicht Marians, enervierender Kontakt zu Menschen in ihrer Umwelt, die mit Marian eigentlich nichts zu tun haben möchten, so wie die Kassiererin im Supermarkt, die sich mit der Pedantin konfrontiert sieht. Diese Leere in Marians Leben drückt sich in den kalten, sterilen Bildern mit den langen, stillen Einstellungen angemessen aus, ist dabei aber auch doch nichts anderes als ein bereits bekanntes, ausgereiztes Klischee, das dem Zuschauer nichts Neues mehr präsentiert, sondern schlicht in seiner Behäbigkeit langweilt.

So überzeugt die Regisseurin von ihrem Porträt auch gewesen sein mag, die Darstellung von Marian, die unfähig ist, ihren Gästen bei Tisch eine angeregte Konversation aufzudrängen, ist dabei nicht nur derart offensichtlich, als würde man den Zuschauer mit einem Holzhammer auf die soziale Inkompetenz des Hauptcharakters aufmerksam machen wollen, sondern wird in Verbindung mit vorhergehenden Szenen derart ausgereizt, dass die Darstellung der Einsamkeit Marians die Handlung so lange aufhält, bis man die Hoffnung längst aufgegeben hat, der Film würde noch mit einer Handlung aufwarten.

Das bringt uns wiederum zur hämischen Kritik an modernen Autorenfilmen, diese hätten keine Handlung. Im Fall von Code Blue wird diese derart ungeschickt eingeführt, indem sie immer wieder von unendlich langen Szenen der Einsamkeit unterbrochen wird, dass sie immer wieder in den Hintergrund rückt.

Dieser Rückgriff auf Klischees des Genres lässt Code Blue prätentiös und spannungsarm werden. Die Bilder sind plastisch, die Aussage, Marian habe Angst vor Nähe, aufdringlich, das Konzept, die eigentliche Handlung – die Obsession Marians zu einem Mann, den sie in einem Bus sieht – immer wieder von Beschreibungen der Einsamkeit zu unterbrechen, ungeschickt und wirr. Wahrscheinlich funktioniert Code Blue tatsächlich besser als Satire auf den überstilisierten Autorenfilm des 21. Jahrhunderts denn als ambitioniertes Werk der Kunst. Als origineller Genre-Beitrag funktioniert Antoniaks Film jedenfalls nicht im Geringsten.



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von 10