Die Fee

Die Fee

(„La Fée“, directed by Dominique Abel, Fiona Gordon and Bruno Romy, 2011)

Die FeeStell dir vor, du hättest drei Wünsche frei. Was würdest du dir wünschen? Reichtum? Ruhm? Die Weltherrschaft? Nichts von alledem, wenn es nach Dom (Dominique Abel) geht. Der will lieber einen Roller und Benzin bis ans Ende seines Lebens. Bescheiden, ja, aber auch irgendwie verständlich. Schließlich musste er den ganzen Weg zur Arbeit laufen, im Regen, weil – mal wieder – sein Fahrrad kaputt ist. Überhaupt läuft an dem Abend nicht wirklich viel nach Plan. Eigentlich will es sich Dom, Nachtportier in einem Hotel, nur vor dem Fernseher gemütlich machen und ein Sandwich essen. Aber ständig klingelt es an der Tür. Erst versucht ein Mann, seinen Hund ins Zimmer zu schmuggeln, obwohl Tiere nicht gestattet sind. Und dann schneit Fiona (Fiona Gordon) herein, stellt sich als Fee vor und eröffnet ihm, dass er besagte drei Wünsche frei habe.

Feen, die Wünsche erfüllen – das hört sich erst einmal nach Grimms Märchen an. So richtig viel hat Fiona mit ihren literarischen Verwandten aber nicht gemein. Nicht nur, dass sie recht groß gewachsen ist und über keinerlei Flügel verfügt; auch ihre Methoden sind alles andere als märchenhaft. Den Treibstoff für den Roller besorgt sie zum Beispiel, indem sie einen Benzinsilo gegen einen Hotelschlüssel tauscht. Und ihr neues Kleid? Geklaut, aus einem Schaufenster. Eine schlaksige, diebische Fee in Turnschuhen, in unseren Gutenachtgeschichten ging das damals doch ein wenig anders. Auch der weitere Verlauf des Films – Fiona verschwindet und muss von Dom gerettet werden – hält sich nur wenig an unsere Vorstellungen und Erwartungen.Die Fee Szene 1

Und doch, märchenhaft trifft Die Fee ganz gut. Man könnte auch sagen absurd. Oder sogar surreal. Ein Grund dafür liegt sicher an den Dialogen. Geredet wird nämlich nicht viel, und wenn dann eher ohne Inhalt. Stattdessen verlässt sich das Kreativgespann Abel/Gordon/Romy (Regie, Drehbuch, Darsteller) auf eine inzwischen fast ausgestorbene Kunst: Pantomime. Tatsächlich kommen die drei ursprünglich aus dem Theater und der pantomimischen Kleinkunst. Und das sieht man. Ein Blick in Fionas ausgeprägtes und ausdrucksvolles Gesicht erinnert daran, wie viel man sagen kann, ohne es zu sagen. An die Stelle von Dialogen treten hier dann entsprechend Slapstickszenen, diverse Running Gags (teils wörtlich) und skurrile Figuren. Spätestens wenn das Liebespaar auf einen blinden Kellner und eine weibliche Rugbymannschaft trifft, erwartet man aber ohnehin keine Erklärungen mehr.Die Fee Szene 2

Natürlich, sonderlich viel Tiefgang sollte man besser nicht erwarten. Eine richtige Handlung gibt es nämlich nicht. Charaktere streng genommen auch nicht. Für manche dürfte auch der Humor selbst zu albern sein. Vielleicht sogar zu altmodisch. Tatsächlich wirkt Die Fee ein bisschen wie aus einer anderen Zeit, irgendwo zwischen Buster Keaton und Jacques Tati. Und eben aus einer anderen Welt. Aber gerade das macht den Reiz dieser französisch-belgischen Komödie aus. Sie gibt erst gar nicht vor, eine glaubhafte Geschichte in petto zu haben und umarmt lieber von ganzem Herzen ihre eigene Absurdität. Wer also die ewig gleichen Romantic Comedies mitsamt ihrer blendend aussehenden Schauspieler satt hat, findet hier eine ebenso verrückte wie charmante Alternative; einen Film, der viele Blockbuster-Märchenverfilmungen der letzten Jahre reichlich gewöhnlich aussehen lässt. Und wenn sie nicht gestorben sind …

Die Fee ist seit 15. Januar auf DVD und Blu Ray erhältlich

 



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Liebesgeschichten geben ja oft vor, zauberhaft zu sein. Hier stimmt das ausnahmsweise mal. Die Komödie über einen Nachtportier, der sich in eine Fee verliebt, mag anspruchslos, albern und ohne viel Handlung sein. Aber gleichzeitig verbindet er Poesie und Groteskes, Altmodisches und Kreatives auf eine geradezu magische Weise.
7
von 10