(„The Cabin in the Woods“ directed by Drew Goddard, 2012)
Ein paar Tage ausspannen, die Seele baumeln lassen, mitten im Nirgendwo – eine verlockende Vorstellung, vor allem für die fünf Studenten Curt, Jules, Holden, Dana und Marty. Ein Glück, dass Curts Cousin kürzlich eine Hütte in den Wäldern gekauft hat, bei der tatsächlich genau das möglich ist. Ungestört von lästigen Nachbarn, ganz auf sich allein gestellt, ohne jegliche Technik. Ein Traum! Oder etwa doch nicht? Hatte uns nicht Freitag der 13. schon vor über 30 Jahren beigebracht, dass die Kombination Jugendliche und abgelegene Gegend meist damit endet, dass ein verrückter Serienmörder sie allesamt abmurkst?
Wer auch nur einen Horrorfilm in seinem Leben gesehen hat, ahnt also schon was da passieren wird, noch bevor der Wohnwagen den ersten Meter gefahren ist. Zumal die fünf Freunde auch wunderbar allen Klischees entsprechen. Curt (Chris Hemsworth) ist der blendend aussehende Supersportler, seine Freundin die nicht minder attraktive und praktischerweise nuttig veranlagte Jules (Anna Hutchison). Und blond, natürlich, wenn auch erst seit Kurzem. Das andere Mädel in der Runde, Dana (Kristen Connolly), hingegen repräsentiert das archetypische Mauerblümchen. Was aber nicht verkehrt ist, soll sie doch mit dem schüchternen Intellektuellen Holden (Jesse Williams) verkuppelt werden. Und dann wäre da noch Marty (Fran Kranz), der dauerbekiffte Sonderling. Kenner wissen an dieser Stelle schon Bescheid: Dieser harmlose Ausflug wird in einem Alptraum enden. Einem mörderischen und äußerst blutigen Alptraum. Das ist ungeschriebenes Horrorgesetz.
Also alles klar? Nein, nicht ganz. Denn parallel zu dem Ausflug wird eine zweite Geschichte erzählt: eine Reihe von Wissenschaftlern, die es sich in einem geheimen und streng bewachten Labor gemütlich machen. Dass beide Handlungsstränge irgendwie zusammenhängen, ist klar. Schließlich wird die bestens aufgelegte Studententruppe schon seit der Abfahrt zur Hütte von den Männern in Weiß genau beobachtet. Ein Experiment also, bei der die fünf die Versuchskaninchen sind? Hmm, vielleicht. Andererseits ist im Labor auch von Zuschauern die Rede, von einer Show, die sie abliefern müssen. Das ließe dann auf Reality TV schließen. Wie Big Brother, nur tödlicher. Und ohne, dass die Insassen wissen, worum es geht. Aber just, wenn man The Cabin in the Woods irgendwo zwischen Texas Chainsaw Massacre, Cube und Tribute von Panem angesiedelt hat, mehren sich die Hinweise, dass selbst das nicht die volle Wahrheit ist.
Eine Hütte, fein säuberlich in drei Schichten unterteilt, die sich um sich selbst drehen. Ein bisschen wie ein Rubik-Würfel. Schon das Cover von The Cabin in the Woods verrät, dass hier alles ein wenig verdrehter ist, anders, auf den Kopf gestellt. Was nicht heißen soll, dass Horrorliebhaber nicht auf ihre Kosten kommen würden – im Gegenteil. Allein die vielen Anspielungen auf frühere Vertreter, gekoppelt mit ironischen Seitenhieben auf Genrestandards lassen das Herz von Fans übergehen. Aber keine Sorge: Eine reine Parodie à la Scary Movie ist Cabin auch nicht. Eher erinnert der Film da schon an Scream. Wie schon bei dem Klassiker funktioniert auch der Film von Drew Goddard (Buffy – Im Bann der Dämonen, Angel) sowohl als herkömmlicher Horrorfilm als auch als Kommentar über Horrorfilme. Wer sich schon immer gewundert hat, warum deren Figuren so sind, wie sie sind – hier gibt es eine Antwort.
Puristen könnten sich eventuell an den häufigen humoristischen Einlagen stören, die Cabin zeitweise fast schon zu einer Satire machen. Das Ganze zu verdreht finden, zu verspielt. Nicht ohne Grund wusste das Studio lange nicht, wie so etwas vermarktet werden soll. Ob es überhaupt einen Markt dafür gibt. Ein bisschen polarisierte das Ergebnis dann auch. Viele waren begeistert, manche aber auch empört, dass sie um den erwarteten Slasherfilm betrogen wurden. Wer also reinen Horror vorzieht, bei denen man sich auf das Gruseln konzentrieren kann, sollte vielleicht lieber zu einem konventionelleren Vertreter greifen. Schade wäre es aber, verpassten sie doch auf diese Weise einen Streifen, der – Meta-Diskussionen hin, versteckte Filmzitate her – vor allem eins ist: ein großer Spaß. Besonders wenn die beiden Parallelgeschichten am Ende zu einem furiosen Finale zusammengeführt werden, bleibt kaum ein Horrorwunsch offen. Und allein das ist Grund genug, dem Quintett in den Wald zu folgen. Als Zuschauer, wohlgemerkt.
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