(„Heiter bis wolkig“ directed by Marco Petry, 2012)
Mit den Träumen ist das ja immer so eine Sache. Natürlich ist es schön, ein Ziel vor Augen zu haben. So wie bei Tim (Max Riemelt), der einmal sein eigenes Restaurant leiten will. Nur sollte man vor lauter Träumen nicht vergessen, dass dies oft auch mit Arbeit und Einsatz verbunden ist. Und letzteren lässt Tim doch ein wenig vermissen. Aber warum auch anstrengen? Okay, eigentlich fühlt sich der Endzwanziger schon zu höherem berufen, als in einer Kantine zu kochen. Andererseits, der Spaßfaktor stimmt, nicht zuletzt dank Can (Elyas M’Barek), mit dem er nicht nur bei der Arbeit rumblödeln, sondern auch abends um die Häuser ziehen kann. Das Ziel: hübsche Mädels aufreißen!
Und damit zumindest dieses Ziel auch erreicht wird, haben die beiden den ein oder anderen Trick auf Lager. Besonders bewährt hat sich zuletzt die Masche, sich beim anderen Geschlecht als todkrank auszugeben und auf Mitleid zu hoffen. Wer kann schließlich einem Sterbenden seinen letzten Wunsch verwehren? Doch genau das geht gründlich schief, als Tim Marie (Anna Fischer) kennenlernt. Die ist zwar durchaus willig, hat aber einen entscheidenden Makel: Sie hat eine Schwester, Edda (Jessica Schwarz). Und die ist tatsächlich todkrank. Normalerweise wäre das ein Grund, möglichst schnell Reißaus zu nehmen. Aber genau das kann Tim nicht, als er sich wirklich in Marie verliebt.
Natürlich bringt das eine Menge Probleme mit sich. Nicht nur, dass die langsam aufblühende Beziehung auf einer hässlichen Lüge beruht und Tim sich – aus naheliegenden Gründen – schwer tut, ihr die Wahrheit zu sagen. Außerdem merkt Edda im Gegensatz zu ihrer gutmütigen, naiven Schwester sofort, was Sache ist und nutzt diese Situation gnadenlos aus. Schließlich hat sie selbst noch ein paar Träume, die sie vor ihrem Tod erfüllen möchte, und da kommt ihr der leicht erpressbare Tim als Komplize doch gerade recht.
Edda ist dann auch der eigentliche Mittelpunkt des Filmes, mehr noch als die Romanze zwischen Tim und Marie, denn in der Krebskranken spiegelt sich die gesamte Bandbreite des Themas wieder. Resigniert, hoffnungsvoll, ausgelassen, traurig und zwischendurch auch einfach mal wütend; auf sich, auf andere, auf das Schicksal. Jessica Schwarz schafft den schwierigen Balanceakt, die verschiedenen Extreme in Eddas Gefühlsleben überzeugend auf den Bildschirm zu bringen und damit auch den Zuschauer für sich zu gewinnen. Gerade weil wir sie zu Beginn des Films als reichlich verbitterten Menschen kennenlernen, ist es besonders rührend, sie im Lauf des Films – auch dank ihres „Leidensgenossen“ Tim – so aufblühen zu sehen. Und hart, wenn das Unvermeidliche dann doch eintritt.
Ein lupenreines Happy End sollte daher besser niemand erwarten, das gibt der Tod einfach nicht her. Ähnlich bedrückend wie Liebe wird Heiter bis wolkig dabei aber nicht, schließlich soll bei aller Ernsthaftigkeit eine größere Zielgruppe angesprochen werden. Die schlimmsten Szenen erspart uns Regisseur und Ko-Autor Marco Petry deshalb auch, baut vielmehr sogar zahlreiche lustige ein, um die Geschichte aufzulockern. Wenn Edda etwa auf ihre persönlichen Rachefeldzüge gegen Ex-Chefin und Ex-Freund geht, darf sogar richtig gelacht werden. Der Titel des Films ist also tatsächlich Programm und der zeitweise böse Humor tut dem Ganzen richtig gut, gerade auch weil er teils so überraschend kommt.
Die Romanze zwischen Tim und Marie wiederum folgt da recht eingefahrenen Bahnen. Das gilt auch für die Besetzung: Die vier Hauptpersonen spielen ihre jeweiligen Rollen durchaus charmant und sympathisch aber bis auf Edda sind die Figuren doch recht stereotyp. Und dass Liebesgeschichten bis auf gelegentliche Ausnahmen wie Die Fee fast immer nur mit attraktiven Menschen besetzt werden, ist man schon gewohnt. Wenn aber so blendend aussehende Schauspieler wie Max Riemelt und Elyas M’Barek Männer verkörpern sollen, die nur dank mieser Tricks an Frauen kommen, ist das fast schon etwas ärgerlich. Genauso leidet der Film ein wenig darunter, dass auch leise Momente viel zu oft mit hymnischen Popliedern unterlegt werden mussten. In solchen Momenten wünscht man sich, Petry wäre noch ein wenig mutiger an das Ganze herangegangen, hätte mehr Platz für das Hässliche und die Stille gelassen. Nichtsdestotrotz hat er mit Heiter bis wolkig einen erstaunlich gelungenen Film auf die Beine gestellt, bei dem sich Komik und Tragik meist gut die Waage halten und der sowohl für die heiteren wie auch die wolkigen Szenen sehenswert ist.
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