(„Tonari no Totoro“ directed by Hayao Miyazaki, 1988)
„Let’s lose our way together“ lautet nicht nur das Motto des Ghibli Museums in Tokio, auch die Filme des legendären japanischen Animationsstudios könnte man so zusammenfassen. Viele ihrer Werke spielen in unserer oder einer ihr ähnlichen Welt, die aber von fantastischen Kreaturen bevölkert wird – und sei es im Verborgenen. Die bekannteste dieser Kreaturen, Totoro, ist eine knuddelige Kreuzung aus einem Bär und einer Katze und heute das mehr oder weniger offizielle Maskottchen des Studios. Dass das Fabelwesen einmal eine solche Popularität erfahren und Mittelpunkt eines riesigen Merchandisinggeschäftes sein sollte, war aber weder von Regisseur Hayao Miyazaki noch seinem Studio so erwartet worden. Tatsächlich wurde Mein Nachbar Totoro seinerzeit in Japan (1988) nur zusammen mit einem anderen Film des Studios gezeigt, um das Risiko zu mindern: Die letzten Glühwürmchen. Eine eigenartige Kombi, handelt es sich bei letzterem doch um ein zwar wunderschönes, aber doch tieftrauiges Antikriegsdrama.
Im Gegensatz dazu ist Totoro ein leichtfüßiger Zeichentrickfilm, der vor allem – aber nicht nur – bei Kindern sehr beliebt ist. Die Handlung ist schnell erzählt: Professor Kusakabe zieht 1958 mit seinen Töchtern Satsuki und Mei aufs Land, um in der Nähe seiner Frau sein zu können, die sich in einem Krankenhaus von einer schweren Krankheit erholt. Schon am ersten Tag stoßen die beiden Mädchen in ihrem etwas heruntergekommenen neuen Zuhause auf seltsame kleine schwarze Wesen, die Rußmännchen. Noch mysteriöser ist aber der Bewohner des riesigen Baumes in der Nähe, den Mei trifft, als sie durch einen geheimen Zugang klettert: Totoro. Der kann zwar nicht sprechen, scheint aber alles zu verstehen. Auch Satsuki trifft später auf das imposante Wesen, nur für den Vater – wie Erwachsene allgemein – bleibt diese verborgene Welt unsichtbar. Wichtiger noch: Das scheue Waldwesen verfügt über magische Kräfte und die können die beiden später noch richtig gut brauchen.
25 Jahre gehen an niemanden spurlos vorbei, auch an einem Animationsfilm nicht. Wer mit den rein computergenerierten Vertretern der letzten Jahre groß geworden ist, wird zu den handgezeichneten Bildern in Mein Nachbar Totoro womöglich der Zugang fehlen. Aber auch im Vergleich zu Miyazakis späteren Meisterwerken Prinzessin Mononoke und Chihiros Reise ins Zauberland fallen die Hintergründe weniger aufwendig und detailliert aus. Doch an Charme hat der Klassiker dafür kein bisschen verloren, was auch an den liebenswerten Animationen liegt. Das Besondere hier ist jedoch, dass er die Geschichte glaubhaft aus der Perspektive zweier Kinder erzählt und wir mit ihnen staunend eine fremde, fantasievolle Welt erkunden. Ein richtig großes Abenteuer erleben wir dabei zwar nicht und auch Bösewichte fehlen gänzlich, dürfen uns dafür aber wie Kinder fühlen. Dazu passt auch der Nachbarsjunge, der sich in Satsukei verkuckt, seine Gefühle aber hinter Grummeln und Grimassen versteckt.
Seit Kurzem ist Mein Nachbar Totoro erstmals auf Blu-ray erhältlich, ein willkommener Anlass, um wieder – oder auch zum ersten Mal – einen ereignisreichen Sommer mit Satsukei, Mei und ihren magischen Freunden zu verbringen. Wer selbst Kinder hat oder sich zumindest das Staunen eines Kindes bewahren konnte, sollte spätestens jetzt einmal ins idyllische Japan der 1950er Jahre reisen. Neben Storyboard und einem Making of enthält die Scheibe übrigens Trailer zu vielen weiteren Filmen von Studio Ghibli und damit die Gelegenheit, auch die weiteren durchgängig empfehlenswerten Werke kennenzulernen und sich dort genauso zu verlieren wie hier.
Mein Nachbar Totoro ist seit 22. März auf Blu-ray erhältlich
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