(„Silent Hill: Revelation“ directed by Michael J. Bassett, 2012)
Wer kennt nicht diesen Alptraum: Man ist auf der Flucht vor bösartigen Kreaturen – wilde Bestien zum Beispiel, Monster, vielleicht auch Serienkiller – kommt aber nicht vom Fleck. Unsere Beine wollen einfach nicht. Bis wir dann schweißgebadet aufwachen. Heather (Adelaide Clemens) kennt diese Situation, für sie sind diese Horrorvisionen quasi zum täglichen Begleiter geworden. Seit einiger Zeit schon ist sie mit ihrem Vater Harry (Sean Bean) auf der Flucht, seit er in Notwehr einen Mann tötete. Neue Städte, neue Schulen – jeder Versuch der beiden, ein neues Leben anzufangen, schlug bislang fehl.
Und auch ihr neues Zuhause scheint dem Mädchen kein Glück zu bringen – im Gegenteil. Auf einmal muss Heather feststellen, dass es kein Erwachen mehr für sie gibt. Die grausigen Visionen und fürchterlichen Kreaturen häufen sich, selbst tagsüber, und fordern bald ein erstes Opfer. Als dann auch Harry verschwindet, ist es an der Zeit, sich der Wahrheit hinter dem Alptraum zu stellen und diese führt sie in die Kleinstadt Silent Hill. Glücklicherweise steht ihr dabei der ebenfalls neue Mitschüler Vincent zur Seite (Kit Harington), der viel mehr über die schrecklichen Vorkommnisse weiß, als er zugeben will.
Als um die Jahrtausendwende die ersten „Silent Hill“-Videospiele erschienen, wurden sie meist in einem Atemzug mit dem Platzhirsch „Resident Evil“ als Genrereferenz genannt. Bis heute schwärmen Fans vor allem von den ersten drei Teilen, die im Gegensatz zur actionbetonten Zombiehatz der Konkurrenz mehr auf eine unheilvolle oft surreale Stimmung setzten. Auch die Helden unterschieden sich deutlich: muskelbepackte Söldner oder bis an die Zähne bewaffnete Kampfamazonen suchte man hier vergeblich. An ihre Stelle traten recht gewöhnliche Menschen, die sich auf einmal in ungewöhnlichen Situationen wiederfanden. Ungewöhnlich und äußerst gefährlich. Gerade diese relative Hilflosigkeit und Unbedarftheit war es, die den Horror so ungemein wirkungsvoll machte.
Heute ist der einstige Ruhm der Serie größtenteils verblasst, was sich auch im mageren Filmoutput widerspiegelt. Während bei „Resident Evil“ unlängst bereits der fünfte Film in den Kino lief, kommt „Silent Hill“ gerade mal auf zwei Teile. Und auf die Fortsetzung des ersten Films mussten Fans sogar sechs Jahre warten. Eine lange Zeit, wenn man bedenkt, dass letzterer mit einem nicht ganz so netten Cliffhanger endete. Silent Hill: Revelation soll dies nun beheben und erzählt, wie es mit den Charakteren weiterging. Das ist für Fans zwar gut, macht es Neueinsteigern aber auch schwer, der Handlung zu folgen. Wer weder Teil eins gesehen, noch „Silent Hill 3“ – das Videospiel, auf dem dieser Film basiert – kennt, wird vermutlich nicht viel verstehen und die Geschichte ziemlich unsinnig finden. Neulinge sollten also vielleicht besser vorher noch schnell den Gang in die Videothek antreten und sich Silent Hill (der Film, nicht das Spiel) zu Gemüte führen.
Kenner werden sich hingegen fragen, wie sich der neue Film im Vergleich zum alten schlägt. Antwort: gemischt. Wie gehabt wird Silent Hill von bizarren Kreaturen heimgesucht, die einzelnen Kulissen wirken noch immer wie die Höllenvariante unserer Welt und auch von der Geschichte her geben sich beide Verfilmungen nicht viel. Dafür ist Silent Hill: Revelation deutlich gradliniger geworden. Verschwunden sind die verfremdeten Geräuschkulissen und die ungewöhnlichen Kameraperspektiven. Stattdessen wurde am Tempo gedreht. Ein besonderer Reiz des ersten Teils war es, wie die verlassene Stadt sich immer wieder urplötzlich in ihre Höllenvariante verwandelte. Im neuen Film ist die Hölle der neue Standard, Ruhepausen sind Mangelware. Actionfans mögen das begrüßen, persönlich fand ich den Wechsel von beklemmend zu alptraumhaft aber spannender. Übrigens: Auch Revelation endet mit einem Cliffhanger. Wollen wir hoffen, dass es nicht wieder sechs Jahre dauert, bis der nächste Teil fertig ist.
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