(„Arbitrage“ directed by Nicholas Jarecki, 2012)
Es ist hart, im Filmgeschäft Fuß zu fassen, vor allem als Anfänger: Niemand kennt dich, niemand vertraut dir, niemand will dir Geld geben. Dass dies nicht unbedingt ein Nachteil sein muss, zeigten dieses Jahr Filme wie Excision, Beasts of the Southern Wild oder Oh Boy, die mangelndes Budget mit umso größeren Einfallsreichtum wettmachen konnten. In diese illustre Reihe gelungener Debütfilme reiht sich auch Nicholas Jareckis Arbitrage nahtlos ein und kann zudem mit einigen richtig großen Namen aufwarten: Richard Gere, Susan Sarandon, Tim Roth, Laetitia Casta. Nicht schlecht für jemanden, der bislang nur durch Kurz- und Dokumentarfilme auf sich aufmerksam machen konnte.
Auch das Drehbuch von Arbitrage stammt von Jarecki und erzählt die Geschichte von Robert Miller (Gere). Der scheint auf den ersten Blick alles zu haben, beruflich wie privat. Miller ist erfolgreicher Hedgefonds-Manager, steht kurz davor, seine Investmentfirma für viel Geld zu verkaufen, ist mit der klugen Ellen (Sarandon) verheiratet und Vater zweier Kinder. Vor allem Tochter Brooke (Brit Marling) ist sein ganzer Stolz und unverzichtbare Stütze im Firmengeflecht. Doch hinter dieser glitzernden Fassade wird es hässlich, richtig hässlich.
Zum einen geht es dem Unternehmen schlechter, als es den Anschein hat. 400 Millionen Dollar fehlen, nachdem sich Robert bei einer Kupfermine verspekuliert hat. Tricksereien und Fälschereien sollen ihm helfen, alles zu vertuschen, bis der Deal mit dem potenziellen Käufer in trockenen Tüchern ist. Auch seine Ehe ist längst zerrüttet, der 60-Jährige flüchtet sich seit Jahren in diverse Affären. Als er mit seiner aktuellen Geliebten – der Kunsthändlerin Julie Côte (Casta) – unterwegs ist, schläft er am Steuer ein. Der Wagen überschlägt sich, Julie ist sofort tot, Robert überlebt hingegen mit nur wenigen Verletzungen. Da aber niemand etwas von seiner Affäre erfahren darf, er keine Anklage wegen fahrlässiger Tötung riskieren will und sie in Julies Wagen unterwegs waren, verlässt er heimlich den Unfallort und lässt sich von dem einzigen abholen, dem er vertraut: Jimmy Grant (Nate Parker), der Sohn eines früheren Weggefährten. Doch trotz aller Vorsicht, ahnt Detective Michael Bryer (Roth), wer der Fahrer war und setzt alles daran, Robert zu überführen.
Dieses Duell ist vordergründig das Hauptthema des Films und sorgt auch für eine gehörige Portion Spannung – wer wird am Ende die Nase vorn haben, der Geschäftsmann oder der Polizist? Gleichzeitig funktioniert Arbitrage aber auch wunderbar als Psychogramm von Menschen, die längst jedes Maß verloren haben. Detective Bryer etwa ist in seiner Jagd auf Robert ähnlich skrupellos wie sein Gegner, Ellen Miller gibt sich als selbstlose Wohltäterin, ist aber längst dem Luxus verfallen, dem Alkohol noch dazu. Beide Figuren werden gewohnt kompetent von Roth und Sarandon verkörpert. Doch der unumstrittene Star ist dieses Mal Richard Gere, der für seine Rolle sogar eine Golden-Globe-Nominierung erhielt. Dank ihm wird Robert zu einem Protagonisten, der Held und Bösewicht zugleich ist; jemand, der vermutlich immer nur das Beste wollte, aber vor lauter Ehrgeiz nicht merkt, wie ihm dabi jedes Moralempfinden verloren ging. Einer der Höhepunkte des Films ist dann auch der „Showdown“ zwischen ihm und dem geplanten Käufer seines Unternehmens, einem ebenfalls mit allen Wassern gewaschenen Finanzhai.
Damit ist Jarecki eine deutliche Kritik an der rein auf Profit ausgerichteten Finanzwelt gelungen, ohne aber seine Figuren dabei zu dämonisieren – da verzeiht man es dem Film auch, dass der ein oder andere Einfall vielleicht etwas weit hergeholt ist. Umso erstaunlicher, dass es Arbitrage trotz seines Hollywoodensembles hierzulande nicht einmal ins Kino geschafft hat. Immerhin lässt sich das jetzt in den eigenen vier Wänden nachholen. Und vielleicht gelingt dem Debütanten ja nächstes Mal ein etwas größerer Erfolg. Gespannt sein darf man auf jeden Fall.
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